Bei
der zweiten Begegnung gewinnt die Inszenierung von Guy JOOSTEN, die mich
in der Premierenserie nicht wirklich überzeugen konnte. Doch offenbar
ist es möglich, mit Änderungen in der Besetzung auch die Gesamtwirkung
der Produktion zu ändern. Man wird nunmehr zumindest gut unterhalten,
auch wenn das Bühnenbild von Johannes LEIACKER aus den oberen Rängen noch
immer eine Zumutung ist, da sich von dort der optische Eindruck darauf
beschränkt, festzustellen, ob die Sänger saubere Schuhe haben. Die Kostüme
von Jorge JARA sind akzeptabel; positiv ist zu vermerken, daß Rodolfo
zwar noch immer sein doofes Basecap trägt, dafür aber wenigstens seine
albernen Baggy-pants verschwunden sind.
Wookyung
KIM ist natürlich gegenüber der Premierenbesetzung eine Verbesserung um
Lichtjahre. Die Höhen werden ohne jede Schwierigkeit genommen, die weiten
Bögen ausgekostet, und das kostbare Timbre sorgt noch zusätzlich dafür,
daß die Leidenschaft einen beim Zuhören mitreißt. Inga KALNAs Stimme wirkt
nicht ideal für Puccini. Sie blüht nicht auf, es fehlt an der Fähigkeit,
die weiten Bögen auszukosten, und nicht zuletzt ist sie auch nicht durchschlagkräftig
genug. Woran ihre Mimi am Ende gestorben ist, erschloß sich mir auch nicht
wirklich; krank wirkte sie nicht.
Irena
BESPALOVAITE ist eigentlich in jeder Rolle, in der sie bisher zu hören
war, ein Gewinn gewesen. So auch als sehr exaltierte Musetta, die ihren
Striptease im zweiten Akt gekonnt und ohne jede Peinlichkeit hinter sich
bringt. Die Stimme ist nicht riesig, trägt aber gut und sitzt perfekt.
Oleg ROMASHYN läßt als Marcello einen nicht uninteressanten Bariton hören,
der allerdings manchmal wirkt, als sei er für die Größe des Hauses (noch)
etwas zu klein. Präsent ist er aber allemal.
Tigran
MARTIROSSIAN macht als Colline wieder einmal deutlich, aus welch einem
offenbar unerschöpflichen Fundus an jungen, exzellenten Bässen Hamburg
wählen kann. Eine erstklassig phrasierte Mantelarie gepaart mit großer
Präsenz ergaben eine mehr als erfreuliche Leistung. Jan BUCHWALD zeigte
als Schaunard wieder einmal, daß er seinen Körperumfang überraschend schnell
über die Bühne bewegen kann, während er stimmlich eher unauffällig blieb.
In
den kleineren Rollen war Frieder STRICKER als Benoît wieder in seinem
Element, einen kauzigen Spießer auf die Bühne zu stellen. Hee-Saup YOON
ließ als Alcindoro Angenehmes hören, war aber keine solche Luxusbesetzung
wie Tim Mirfin in der Premierenserie. Jun-Sang HAN durfte als Parpignol
wieder einmal seine nicht unrechte Stimme von oben erklingen lassen; sehen
konnte man ihn aus den Rängen nicht.
Die
musikalische Leitung von Alexander JOEL war wenig sensibel. Er war meist
zu laut, was vor allem Kalna und Romashyn mehrere Male in Bedrängnis brachte,
und seinen Tempi fehlte der Schwung. Besondere Akzente oder eine Interpretation
waren auch nicht festzustellen. Die PHILHARMONIKER habe ich auch schon
inspirierter gehört. Deutlich animierter waren der CHOR (Leitung Florian
CSIZMADIA) und die HAMBURGER ALSTERSPATZEN (Leitung Jürgen LUHN) bei ihren
Aufgaben. MK
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