Was
wollte Christine MIELITZ uns mit der Regie sagen? Auch mehrere Tage nach
der Vorstellung weiß ich dies schlichtweg nicht. Es gab durchaus gelungene
Momente, doch die waren rar, dazu diverse Albernheiten, insbesondere im
Olympia-Akt, wo diese als Monroe-Kopie, Spalanzani als Einstein und Cochenille
als Michael Jackson herumliefen, doch so etwas wie ein Konzept suchte
man vergeblich. Es erschloß sich mir zu keinem Zeitpunkt, ob nun Hoffmann
eigentlich, wie dies im Antonia-Akt angedeutet war, sein Schicksal quasi
herbeischreibt, oder ziellos durch die Handlung treibt, wie dies Olympia-
und Giulietta-Akt zeigten. Es schien zwar, als wäre es der Regisseurin
gelungen, den Sängern, die sich durchweg durch große Spielfreude auszeichneten,
ihr Konzept deutlich zu machen, nur leider gelang es ihr nicht, dies auch
dem Zuschauer zu vermitteln. Zudem schien ihr, je länger der Abend andauerte
(und das war lange, da die Kaye-Keck-Neuedition plus der populären Stücke,
die nicht von Offenbach sind, gespielt wurde), die Puste auszugehen.
Das
Bühnenbild (Hartmut SCHÖRGHOFER) war praktikabel, wenn auch der sich drehende,
nach einer Seite offene Riesenwürfel in den drei Mittelakten irgendwie
wenig zum Stück beitrug und der Effekt mit dem Gazezwischenvorhang sich
relativ schnell erschöpfte. Die Kostüme von Renate SCHMITZER gingen in
Ordnung, wenn man von den rosenlastigen Mänteln und Westen der Herren
Miracle und Crespel im Antonia-Akt absieht.
Musikalisch
war das Niveau dafür durchweg erfreulich. Giuseppe FILIANOTI war in der
Titelrolle vom Timbre, der Phrasierung und den sicheren, fast ohne Anstrengung
gesetzten Spitzentönen, nahezu ideal. Er versteht es, die Stimme einfach
fließen zu lassen. Dazu kam eine darstellerisch hochmotivierte Leistung,
eines praktisch den ganzen Abend unter Hochspannung stehenden Dichters,
dem erst am Schluß etwas Ruhe gegönnt wird. Sogar im Antonia-Akt, wo die
Regisseurin den Titelhelden irgendwie zeitweilig vergessen zu haben schien,
war er in jeder Sekunde "da".
Die
Bösewichter wurden von Kyle KETELSEN verkörpert, der mit nicht riesiger,
jedoch gut sitzender Stimme, vielen Nuancen und sehr lebendigem Spiel
jeder der vier Figuren auch unterschiedliche Charaktere zu geben in der
Lage war. Selbst das alberne Miracle-Kostüm konnte ihn seiner Wirkung
nicht dauerhaft berauben. Alle vier Frauenrollen wurden von Elena MOSUC
verkörpert, die als Olympia gut sitzende Koloraturen hören ließ und alles
aus der Monroe-Kopie machte, und als Antonia ihre Stimme weit strömen
ließ. Die Giulietta schien ihr hingegen zu tief zu liegen, doch auch das
ging ohne Unfall ab. Es ist beeindruckend, daß sie alle Rollen gesanglich
zwischen sehr gut und rollendeckend bewältigte.
Auch
Nino SURGULADZE als Muse/Nicklausse machte ihre Sache gut, schaffte darstellerisch
den ständigen Wechsel zwischen Muse und Nicklausse plausibel zu machen.
Sie stieß auch an keine technischen Schwierigkeiten, allerdings machte
sich gelegentlich ein Flackern der Stimme bemerkbar, was nicht zum Dauerzustand
werden sollte. In den Dienerrollen vollführte Benjamin HULETT all die
Albernheiten, die ihm die Regie zumutete, sorgfältig, zeichnete sich vor
allem bei seiner Frantz-Arie in Damenunterwäsche durch sportliche Fähigkeiten
aus und sang wie immer auf hohem Niveau.
In
den kleineren Rollen hatte sich Hamburg nicht lumpen lassen und fuhr ihre
erste Garde auf. Allen voran wieder einmal Alexander TSYMBALYUK als szenenbeherrschenden
Schlèmil, der übrigens entgegen dem Libretto deutlich sichtbar einen Schatten
hatte, dazu Tigran MARTIROSSIAN (Luther/Crespel), der unangefochten über
seine alberne Weste hinwegsang und ohne weiteres mit den Hauptpartien
mithielt, sowie Deborah HUMBLE als luxusbesetzte Mutter. Hinzu kamen aus
dem Opernstudio Dominik KÖNINGER (Hermann) und Jun-Sang HAN (Wilhelm),
die beide aufhorchen ließen, sowie die Ensemblestütze Frieder STRICKER
(Nathanaël/Spalanzani), der immer für einen Lacher gut ist.
Emmanuel
PLASSON leitete die HAMBURGER PHILHARMONIKER sehr solide, mit guter Übersicht
und der Fähigkeit, an den zwei Stellen, an denen Bühne und Graben auseinander
zu driften schienen, beides schnellstmöglich wieder einzufangen. Große
Akzente konnte ich allerdings nicht entdecken. Dafür nahm er ausreichend
Rücksicht auf die Sänger, die teilweise (Antonia-Akt!) akustisch nicht
gerade günstig plaziert worden waren.
Der
CHOR unter Florian CSIZMADIA hingegen war in exzellenter Verfassung und
bot, unbehelligt von der wenig überzeugenden Chorregie, eine zumindest
stimmlich erfreuliche Leistung. MK
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