"LA TRAVIATA" - 24. September 2007

In der inzwischen 225. Vorstellung der Inszenierung von Folke ABENIUS seit 1975 waren es vor allem die Herren, die den Abend dominierten.

Wokkyung KIM (Alfredo), vor Beginn als leicht indisponiert angesagt, hat alles, was die Rolle benötigt: ein individuelles Timbre, eine überaus sichere Höhe, gute Phrasierung, sympathische Ausstrahlung und das Wissen um die Partie. Eine sehr erfreuliche Begegnung, wobei sich die Indisposition lediglich bei einigen vorsichtig bzw. mit etwas viel Kraft genommenen Spitzentönen bemerkbar machte. In völlig gesundem Zustand dürfte hier einer Karriere an großen Häusern nichts entgegen stehen.

Anton KEREMIDTCHIEV, der als Germont an der Staatsoper Hamburg debütierte, war ebenfalls ein Plus der Vorstellung. Zu Beginn ein wenig zurückhaltend drehte er dann im Verlauf des Duetts mit Violetta und vor allem in "Di provenza il mar" nebst Cabaletta richtig auf. Der Sänger verfügt über stilsicher gesetzte pianissimi und weiß zu phrasieren. Im Gegensatz zu manchem anderen Germont in dieser Produktion verläßt er sich eben nicht auf die (durchaus vorhandene) reine Stimmpower. Als Figur brachte er eine Nuance des Mitfühlens wider Willens ein, die immer wieder durchschien.

Natürlich ist Alexander TSYMBALYUK als Grenvil eine absolute Luxusbesetzung, aber er holt mit der großen Baßstimme auch wirklich alles aus dieser Partie heraus. Und wenn er am Schluß in stiller Verzweiflung zusammensinkt, geht dies mehr zu Herzen als Violettas Tod.

Dazu kommen noch Carsten WITTMOSER volltönender Douphol, Hee-Saup YOON aufhorchenswerter Marquese und Jun-Sang HAN als rollendeckender Gastone, die ihre Rollen aufwerteten. Frieder STRICKER (Giuseppe), Gabor NAGY (Commissionario) und Mariusz KOLER (Diener) komplettierten.

Bei den Damen kam die beste Leistung - wieder einmal in dieser Produktion - von Katja PIEWECK als kompetent-präsente Annina mit schönem Mezzo. Brenda PATTERSONs Flora blieb eher unauffällig.

Ich habe Ha Young LEE nunmehr etwa ein halbes Dutzend Mal als Violetta erlebt, und mit jeder Begegnung gefällt sie mir weniger. Die Phrasierungen sind beliebig, die Wortdeutlichkeit schlichtweg nicht vorhanden, und es findet auch keine wirkliche Entwicklung statt. Diese Violetta geht in keiner Sekunde auch nur ansatzweise zu Herzen. In den oberen Lagen wird die Stimme immer schmaler, die Töne werden nur noch herausgestoßen.

Simon HEWETT am Pult war mit den fehlerfrei spielenden PHILHARMONIKERN ein guter Sängerbegleiter, der allerdings gelegentlich, gerade in den Vorspielen, etwas zu breite Tempi wählte, ohne dabei die Spannung vollständig halten zu können.

Der CHOR unter der Leitung von Florian CSIZMADIA machte seine Sache ausgezeichnet; Schlampereien, wie früher gerade in dieser Produktion geradezu an der Tagesordnung gibt es nicht mehr. MK