Mit
24 Aufführungen in knapp neun Jahren zählt Janaceks eindrucksvolles, packendes
Drama nicht zu den populärsten, was sich auch an der bedauernswert geringen
Auslastung zeigt.
Die
Inszenierung von Olivier TAMBOSI, die fast sieben Jahre im Fundus vor
sich hinvegetierte, bringt die Grundstimmung gut herüber. Die Personenführung
ist solide, wobei mir nicht klar ist, warum die Buryja im 1. und 3. Akt
ständig blind über die Bühne läuft. Dafür arbeitet er die Isolation Jenufas
gut raus. Das Bühnenbild (Frank Phillipp SCHLÖßMANN) unterstreicht die
Atmosphäre des Werkes durch die auf der einen Seite hölzernen Farben,
auf der anderen Seite aber eingeengte Szenerie (gerade im 2. Akt). Sehr
gut gefällt mir auch die Idee des Steines als Symbol für das Kind. Während
er im 1. Akt noch ein klein wenig aus dem Boden schaut (Anfang der Schwangerschaft
von Jenufa), ragt er im 2. hoch hinaus (das Kind wurde gerade geboren).
Im dritten dann sind auf der Bühne Felsbrocken zu sehen, die für das getötete
Kind stehen. Schlößmann entwarf auch die schlichten Kostüme.
Man
kann machen, was man will, aber diese Oper steht und fällt mit der Besetzung
der Küsterin. An diesem Abend stieg sie in die verstörendsten, finstersten
Abgründe der Psyche dieser Figur hinab. Schon Eva MARTONs erster Kurzauftritt
im ersten Akt, ließ einen erschaudern. Sie hat (trotz verwirrend rot-brauner
Haare...) eine ungemein dämonische Ausstrahlung. Zwar hörte man gewisse
Verschleißerscheinungen (Registerdivergenz, etwas scharfe Töne), aber
sie ist immer noch zu ergreifenden piani und strahlenden Fanfaren-Tönen
fähig. Dazu kam eine Leistung, die an die psychischen und physischen Grenzen
führt. Es war alles dabei, vom Flüstern bis zum Schreien und auch der
Gesang kam nicht zu kurz. Kurz eine Idealverkörperung!
Neben
dieser starken Gestaltung ist es schon anzuerkennen, daß Miriam GORDON-STEWART
als Jenufa nicht in der Bedeutungslosigkeit verschwand. Ihr gelang darüber
hinaus eine durchaus beachtenswerte Interpretation. Sie hat sich seit
ihrer faden "Falstaff"-Alice wirklich erfreulich gesteigert. Man darf
gespannt sein!
Die
beiden Tenöre lagen in den Händen von dem soliden Arnold BEZUYEN (Stewa)
und Miro DVORSKY, der vor sieben Jahren noch den Stewa sang, als Laca.
Ich finde, daß die Besetzung falsch herum war, da mir Dvorsky zu böse
war, wenngleich auch diese Rolle nicht wirklich sympathisch ist, und auch
diese Liebe zum Scheitern verurteilt zu sein scheint. Es fehlte aber der
Kontrast zu Stewa.
Unter
den Nebenrollen stachen v.a. Tigran MARTIROSSIAN als Altgesell mit profundem
Baß, Wilhelm SCHWINGHAMMER (Dorfrichter) und Katja PIEWECK (seine Frau)
positiv hervor. Ha Young LEE sang eine souveräne Karolka. Während Ann-Beth
SOLVANG (Magd), Marta HANFOVA (Barena), Christiane KARG (Jano), Johanna
JANY (Tante), Else NOE und Günter HARTMANN (1. und 2. Stimme) nicht weiter
auffielen, enervierte Olive FREDRICK' hysterischer Alt in der Rolle der
Buryja. Dazu kam eine sehr eigenwillige Darstellung.
Maßgeblichen
Anteil an diesen großartigen Abenden hatte auch die Leistung der grandiosen
HAMBURGER PHILHARMONIKER unter der Leitung von György G. RATH, der dieser
atmosphärischen, aufwühlenden Musik das gewisse Etwas beifügte. Er ließ
das Orchester flirren und knallen und schaffte es kongenial, die Brüche
in der Partitur auszukosten. Am zweiten Abend wackelte es allerdings ab
und an ein wenig. Auch der CHOR unter Florian CSIZMADIA leistete sehr
gute Arbeit.
Es
waren zwei umwerfende Aufführungen, die einen total fertig in die Nacht
ent- und einen tiefen Eindruck hinterließen. Nichts für schwache Nerven!!!
WFS
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