Über
die konventionelle, nicht überragende, aber doch ganz nett anzuschauende
Inszenierung von Folke ABENIUS von 1975 in der Ausstattung von Toni BUSINGER
und den Kostümen von Hans-Günter WILLERSCHEIDT ist an dieser Stelle schon
eigentlich alles geschrieben worden.
Im
Prinzip stimmte die Besetzung eigentlich vollkommen. So gut wie alle Partien
waren gut bis überragend besetzt.
An
allererster Stelle ist da Ambrogio MAESTRI zu erwähnen, der es tatsächlich
immer wieder schafft sich selbst zu übertreffen. Es ist kaum zu glauben,
wie öde er bei seinem ersten Germont père in Hamburg war, wenn man ihn
mit diesem vergleicht. Er gestaltet die Rolle genau so, wie ich sie auch
sehe: Als einen hinterlistigen, durchtriebenen, berechnenden, ja nahezu
abartigen Charakter und das auf eine ungemein subtile Art und Weise, die
dem ganzen eine noch fiesere Dimension verleiht. Dazu kommt noch ein tolle
Bühnenpräsenz: Er schaffte mit kleinsten Gesten (z.B. einem abwertenden
Streichen über die Vorhänge nach dem Motto: "Mein Sohn hat doch echt was
Besseres verdient!") viel mehr zu beeindrucken als die beiden Protagonisten
mit ihrem teils furchtbaren Rumgehampel. Herz, was willst du mehr?!
Der
andere Höhepunkt des Abends war der Grenvil von Alexander TSYMBALYUK,
der sich erneut als Szenen-Dieb erwies und es schaffte, mit seinen zweieinhalb
Sätzen genau das alles auszudrücken, was normalerweise die Aufgabe einer
anderen Person gewesen wäre... Auch er ist ein hervorragender Schauspieler.
Es ist für mich immer wieder erstaunlich, daß ein derart schlanker Sänger
ein so riesiges Organ hat, so daß er sogar im Ensemble des dritten Bildes
sehr gut zu hören war, trotz vollem Orchester und Chor.
Die
Sänger der anderen Nebenrollen zeigten, was für ein hohes Niveau im Hamburger
Ensemble herrscht. Renate SPINGLER gab erneut eine hoch erotische (zur
Feier des Tages auch mal leicht angetrunkene) Flora. Katja PIEWECK sang
die Annina mit viel Ausdruck, Benjamin HULETT war ein engagierter Gastone,
Carsten WITTMOSER (Douphol) hielt mit Tsymbalyuk die Fahne für die tollen
Ensemble-Bässe hoch. Hee-Saup YOON war ein solider d'Obigny, Frieder STRICKER
(Giuseppe) kann zwar nicht als Sänger, wohl aber als Type überzeugen.
Ha
Young LEE fügte ihrer immer noch zwar technisch fast perfekten, aber sterbenslangweiligen
Violetta einige enervierende Manierismen hinzu, während der eingesprungene
Hoyoon CHUNG (Alfredo) durch Aspirieren ("Pa-ha-rigi, o ca-ha-ha-ra"),
Gestemme, Gebrüll und eine häßliche Stimme mißfiel. Steven Dorn GIFFORD
(Diener) und Günter HARTMANN (Commissionario) ergänzten solide.
Rasmus
BAUMANN ließ am Pult der HAMBURGER PHILHARMONIKER zunächst Schlimmes befürchten.
Zu langsamen, verschleppten Tempi gesellten sich noch zwei arge Schnitzer,
bei denen zwischen Bühne und Orchestergraben wahre Schluchten lagen. Im
Verlauf des Abends wurde es dann jedoch etwas besser, es blieb jedoch
trotzdem auch dann nur ein mediokres Dirigat. Abgesehen von einem Patzer,
machte der CHOR unter Tilman MICHAEL ein ordentliche Figur. WFS
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