In
der trotz des (leider) nicht so großen Bekanntheitsgrades dieses grandiosen
Werkes Verdis erfreulicherweise so gut wie ausverkauften Vorstellung wurde
Musiktheater auf sehr hohem Niveau geboten.
Leider
konnte die Inszenierung von Claus GUTH mich nicht überzeugen. Zwar gefällt
mir die Grundkonzeption, daß das Stück als Rückblende von Simon abläuft.
Auch daß Guth dazu Simon fast ständig von einem bzw. zwei Statisten (Henryk
NOLEWAJKA und Valeri ENGEL) doubeln läßt, kann interessant werden. So
läßt er auch noch die eigentlich tote Maria (Britta SIEBELS) auftreten
und in Simons Armen "sterben". Allerdings kann ich dabei keine rechte
Stringenz im Konzept erkennen. Oftmals wird nur in der Gegend herrumgestanden,
-gesessen oder sich "wilsonesk" langsam in der Gegend bewegt. Christian
SCHMIDT zeichnete für die Ausstattung verantwortlich, die er der Inszenierung
gut anpaßte und entsprechend grau anlegte, was ja aber auch irgendwie
zu diesem düsteren Stück paßt.
Auch
wenn die Besetzung alles in allem erstklassig war, gab es doch leider
auch Ausfälle. Jan BUCHWALD bestätigte meinen Eindruck aus der letzten
Vorstellung der Premierenserie in der letzten Spielzeit der krassen Fehlbesetzung
für den "Wasserglasvergifter" Paolo. Stimmlich bemühte er sich um Ausdruck,
was in platten Manierismen endete. Darstellerisch wirkte er wie bestellt
und nicht abgeholt. So toll er auch als Prosdocimo ("Turco in Italia")
war, so wenig kann er mit dieser Musik anfangen, ich denke, er braucht
verzierte Musik und eine Inszenierung mit viel Bewegung, da er keine Bühnenpräsenz
hat.
Ein
eigenartiges Bild gab Paul Charles CLARKE (Adorno) ab. Er hat eine total
verquollene Mittellage, in der es drei verschiedene Timbres zu geben scheint,
von denen eines gutturaler und quakiger ist als das andere. Dazu kam,
daß er größtenteils schlichtweg zu "böse" war. Allerdings muß ich zugeben,
daß seine Arie gar nicht mal schlecht klang.
Viel
besser war es da um Angela MARAMBIO bestellt, die ihre starke Amelia aus
der Premierenserie wiederholte. Sie schafft es, die Partie nicht als weinerliches
Ding zu präsentieren, sondern als gestandene Frau. Sie verfügt über eine
große, dramatische Stimme mit toller Höhe, der auch hauchzarte Piani zur
Verfügung stehen. Sie hat das Zeug dazu, eine große Karriere zu machen.
Tigran
MARTIROSSIAN fiel in der Vergangenheit des Öfteren sehr positiv auf, ich
habe ihm allerdings (auch in Anbetracht eines noch nicht sehr starken
Figaro zu Beginn der Saison) den Fiesco nicht zugetraut. Aber ich lasse
mich ja gerne eine besseren belehren, so wie dieses Mal. Er gestaltete
ihn mit einer großen Tiefgründigkeit und einer Reife, die ungewöhnlich
für einen so jungen Sänger ist. Seine Arie war wirklich berührend! Man
darf gespannt sein, was da noch kommt!!!
Die
Krone des Abends gebührt aber definitiv dem Sänger der Titelpartie. Andrzej
DOBBER sang ihn bei seinem wohlwollend aufgenommenen Hausdebüt mit ungemeiner
Intensität und einer beklemmenden Interpretation. Die Ratsszene war unglaublich!
Wie zynisch er das Volk kommentiert ("Ecco le Plebi") und wie eindringlich
er "E vo' gridando pace" (danke an Verdi, daß er diese wunderschöne Phrase
Simon zweimal singen läßt!!!) singt, ist faszinierend. Und dann sein finales
"Maria", das er im Sterben aushaucht, ließ einem das Blut in den Adern
gefrieren, wie die letzte Szene sowieso eine dieser war, bei der man lieber
nicht atmet... Ich hoffe, daß es kein einmaliges Gastspiel war!
Mit
einer erneut hervorragenden Leistung empfahl sich Alexander TSYMBALYUK
(Pietro) mit seinem großen Baß schon wieder für die ganz großen Rollen.
Aufhorchen ließ Ladislav ELGR (Capitano dei Balestrieri), der sich zwar
in seinem Solo ziemlich große rhythmische Freiheiten rausnahm, aber da
es ja a-capella ist, ist das ja durchaus legitim, und man lauschte einem
vielversprechenden Sänger. Bleibt abzuwarten, was aus ihm wird. Christiane
KARG fiel als Dienerin von Amelia nicht weiter auf.
György
G. RÁTH leitete das PHILHARMONISCHE STAATSORCHESTER HAMBURG mit souveräner
Hand. Leider stimmte die Chemie zwischen Graben und Bühne nicht immer,
so gab es im schmissigen Finale des ersten Bildes fast genau das: einen
Schmiß. Aber dennoch gelang es Ráth, viele tolle Momente zu erzeugen,
gerade die Finali der Ratsszene und der Oper sorgten für eiskalte Schauer.
Der CHOR unter Florian CSIZMADIA leistete sehr gute Arbeit. WFS
P.S.:
Ich persönlich finde es schade, wenn man nach Werken wie diesem sofort
nach dem letzten Ton anfängt zu applaudieren. Man sollte es noch ein paar
Sekunden nachklingen lassen.
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