Die
Inszenierung von Alexander SCHULIN war niemals der große Wurf. Jeder tut,
was er kann, um Präsenz zu zeigen, was bei einem mehr, bei anderem weniger
ist. Die einzigen, bei denen sich so etwas wie Personenregie ereignet,
sind die Verschwörer, und die sind höchst lächerlich gezeichnet (auch
wenn man mit ihnen eine Menge Spaß haben kann). Die Bühnenbilder von Richard
PEDUZZI sehen inzwischen wie ein schwedischen Sommerhaus aus, das dringend
einmal einen neuen Anstrich vertragen könnte, die Kostüme von Moidele
BICKEL gehen dafür vollauf in Ordnung.
Karen
KAMENSEK kämpfte am ersten Abend heftig mit der Balance zwischen Graben
und Bühne und war an zwei Chorausstiegen erheblich mitbeteiligt. Man hat
bei ihr immer wieder das Gefühl, als sei sie mit der Leitung des Orchesters
schon vollauf ausgelastet, so daß kaum einmal auf die Sänger eingegangen
wird. Am zweiten Abend zeigte sie sich verbessert, aber ein wirklich aufregendes
Dirigat gelang ihr nicht. Der CHOR machte seine Sache ordentlich, ohne
zu glänzen, das ORCHESTER leistete sich einige unnötige Verspieler.
Schon,
nachdem Richard MARGISON als Gustavo am 29. Dezember in der Mitte des
ersten Bildes angekommen war, dürfte jedem im Publikum, der Ohren hat,
klar gewesen sein, daß mit der Stimme etwas ganz und gar nicht in Ordnung
war. So kam es dann auch nach dem zweiten Bild zu einer außerplanmäßigen
Pause, in welcher der Sänger behandelt wurde, um die Vorstellung zu Ende
zu bringen. Unter diesen Umständen verbietet sich eine Kritik. Allerdings
muß festgestellt werden, daß es angenehmer für alle Beteiligten gewesen
wäre, Margison hätte sich nicht mehr an einigen Spitzentönen versucht,
sondern sie oktaviert.
Im
Hause Anckarström lag einiges im Argen. Indra THOMAS als Amelia waberte
sich durch die Partie. Auf einer Tiefe und Mittellage von wenig angenehmen
Timbre lag eine zwirnsdünne Höhe. Die Stimme hatte zudem einen gaumigen
Klang. Spannend an ihrer Darbietung war für die Herren der Schöpfung höchstens,
ob doch noch etwas aus ihrem im Dekolletébereich zu knapp geschnittenen
Kleid heraushüpfen würde. Dalibor JENIS als Renato gelang es auch diesmal
nicht, einem Verdi-Charakter Leben einzuhauchen. Seine Gesangslinie irritiert
immer wieder durch ein merkwürdiges Herausstoßen einzelner Töne, und selbst,
wenn er tatsächlich einmal ein piano wagt, geht es nicht zu Herzen, sondern
gelegentlich schief.
Schließlich
war das noch Elena ZAREMBA in der Rolle der Ulrica. Sie verfügte über
eine profunde Tiefe, eine gutklingende Mittellage und darüber einem Bruch.
Die Spitzentöne scheinen zu einer anderen Stimme zu gehören. Das Dämonische
blieb sie der Partie schuldig.
Ob
dieser Situation spielte man am 29. Dezember eher die große Verdi-Oper
"Oscar und die zwei Verschwörer".
Irena
BESPALOVAITE konnte schon als Musette in der "Bohème" überaus positiv
auf sich aufmerksam machen. Hier ist sie ein quicklebendiger Page mit
grazilen Bewegungen, hundertprozentig sicheren Koloraturen und Spitzentönen.
Man muß sich zu keiner Sekunde Gedanken machen, ob sie an irgendeiner
Hürde scheitern könnte. Grandios der Horn von Alexander TSYMBALYUK, der
gesanglich mit seiner immer größer werdenden und immer besser kontrollierten
Stimme auftrumpfen konnte, und der sichtbar Spaß an den Tanzschritten
hat, die den Verschwörern hier abverlangt werden. Andreas HÖRL als Ribbing
ist tänzerisch ebenfalls grandios, gesanglich fiel er immer dann ab, wenn
er Phrasen allein zu singen hatte.
Als
Christiano bemühte sich Ryszard KALUS um italienische Aussprache und legato
am ersten Abend eher vergeblich, am zweiten mit etwas mehr Erfolg. Frieder
STRICKER als Richter muß man nicht zwingend mehr singen hören; sehen muß
man ihn alle Mal, wie er seinen kurzen Auftritt optimal für ein darstellerisches
Kabinettsstückchen nutzt.
Am
3. Januar übernahm dann Scott MacALLISTER dann den Gustavo. Der Sänger
ist sehr beweglich, kann in jeder Sekunde den leichtlebigen König glaubhaft
machen, hat den Atem für die langen Bögen und wirkt überaus spontan. Höhepunkt
der gesanglichen Leistung war ein Schwellton am Schluß der großen Arie,
den man in dieser Form nicht alle Tage hört. Ein Manko stellte allerdings
die Textunsicherheit dar.
Es
ist festzustellen, daß dank des Tenors am 3. Januar dann tatsächlich "Un
ballo in maschera" gespielt wurde. MK
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