"A MIDSUMMER NIGHT'S DREAM" - 7. November 2006

Die Produktion hatte bereits im vergangenen März Premiere. Regisseur Simon PHILLIPS hat in der Ausstattung von Es DEVLIN ein zweieinhalb Akte buntes, irgendwo zwischen Märchen und Fantasy schwankendes Szenario geschaffen, wo Elfen in luftiger Höhe meterhoch über der Bühne von schwebenden Stühlen singen, diverse Alltagsgegenstände vorbeiziehen, grüne Leuchtlianen die Natur symbolisieren (Licht Nick SCHLIEPER), Videoinstallationen sichtbar sind (BURST TV LTD.), und Tytania und Oberon samt Bett aus dem Schürboden herabgelassen werden. Lysander und Demetrius duellieren sich mit übergroßen Eßbestecken, während die Handwerker mit großen Füßen, Nasen und Ohren geschlagen sind. Es erschließt sich nicht alles, was da während der zweieinhalb Akte an einem vorbeizieht, doch es ist immer poetisch, immer ästhetisch, und immerhin ist es ein Zauberwald, warum muß man da alles sofort begreifen?

Zum Finale wird dann die Halle eines hochherrschaftlichen Hauses mit Treppen in kühlem Weiß gehalten sichtbar, wo die Handwerker ihr Stück aufführen, welches zum Brüllen komisch inszeniert ist. Der Zauber ist vorbei, die Realität hält Einzug. Am Schluß verwandeln sich Tytania und Oberon in Lehrer und die Elfen in Schüler nebst adretten Schuluniformen. Es weht ein Hauch von Harry Potter durch die Szenerie beim Abgang. Puck hält seine Schlußansprache mit Dirigentenstab bewaffnet vom Dirigentenpult, während hinten das Photo von Britten sichtbar wird.

Die beiden jungen Paare wirken angemessen jung, sind ungemein spielfreudig, wobei dem Regisseur ein generelles Lob für die Personenregie ausgesprochen werden muß. Helena Gabriele ROSSMANITH singt wunderschön, die Stimme wirkt plötzlich, als sei sie riesengroß geworden, und stellt zu Beginn eine echte Klette dar, die Demetrius fast mit Gewalt an sich binden will. Nmon FORD wirkt äußerlich ein wenig wie ein sehr junger Denzel Washington, singt mit gut geführtem, individuell timbrierten Bariton und ist dieser Helena gewachsen. Im dritten Akt bilden die beiden ein sehr homogenes Paar.

Jesús GARCIA als Lysander mit angenehmer, wenn auch nicht großer Tenorstimme, kämpfte ein oder zweimal mit den Höhen, bot jedoch eine ansonsten gut Leistung. Marina R. CUSÌ (Hermian) schließlich als Vierte im Bunde wirkte in ihrem Kostüm und mit dem dunklen Timbre nicht ganz so jugendlich wie die drei anderen, paßte jedoch sich ohne weiteres dem munteren Treiben an.

Daniel SUMEGI gab als Bottom dem Affen zeitweise zuviel Zucker, was sowohl darstellerisch als auch stimmlich galt. Die Stimme selbst, nicht übermäßig aufregend, wirkte teilweise nicht ideal geführt und immer gefährdet, auszubrechen. Tim MIRFIN machte stimmlich alles aus dem Quince, und daß er ein Komödiant par excellence ist, konnte schon mehrfach hier bemerkt werden.

Benjamin HULETT (Flute) tobte sich darstellerisch als Tisbe richtig aus, konnte jedoch auch mit den hochvirtuosen Koloraturen à la "Lucia" punkten. Frieder STRICKER (Snout) wird immer dann besonders gut, wenn er wie in diesem Fall sein komödiantisches Talent zeigen darf. Snug (Hee-Saup YOON) machte alles richtig, auch wenn sein Löwe eher niedlich wirkte. Ryszard KALUS komplettierte als Starveling.

Während Wilhelm SCHWINGHAMMER (Theseus) zwar lauter richtige Töne sang, dafür aber trotzdem unauffällig blieb, hätte Renate SPINGLERs Hyppolyta beinahe die Schlußszene trotz der wirklich schreiend komischen Handwerker gestohlen. Ihr blasierter Gesichtsausdruck, der immer mehr einer entsetzen Faszination wich, was nun wohl noch als nächstes geschehen würde, war für das Zwerchfell nicht gesund. Daß sie dieses Mienenspiel dann, neben einer ansonsten perfekten Gesangsleistung, auch noch stimmlich umsetzte, war Sahne auf dem Kuchen.

Ha Young LEEs Violetta Ende Oktober konnte mir interpretatorisch nicht wirklich gefallen; daß sie eine lebendige Figur auf die Bühne stellen kann, bewies sie mit der Tytania. Bombensicher bis in die höchsten Stratosphärenklänge, hoheitvolle Königin, deren Fallhöhe dadurch bei ihrer Affäre mit einem Esel dadurch noch höher wird, alles war vorhanden. Ich habe meine Probleme mit Counter-Tenören, denn die meisten Timbres bereiten mir Unbehagen. Alexander PLUST (Oberon) stellte hier eine Ausnahme dar. Die Stimme, die vielleicht in den Duetten mit Tytania ein wenig zu leise wirkt, zeigt sich ansonsten jedoch jeder Herausforderung gewachsen. Dazu phrasiert und bewegt der Sänger sich dann auch noch sehr elegant. Puck wurde von Richard GAUNTLETT mit an einigen Stellen etwas überzogener, meist jedoch klarer Diktion gesprochen und einer unglaublichen körperlichen Beweglichkeit gespielt.

Ein Sonderlob muß den von dem HAMBURGER ALSTERSPATZEN (Leitung Jürgen LUHN) gesungenen Elfenchor gezeugt werden, die auf hohen Niveau sangen. Dieses Niveau wurde noch von den vier Solo-Elfen Alexander zu KLAMPEN, Berus KOMRSHELA, Noah MECKLENBURG und Rami OLSEN übertroffen.

Geleitet wurde der Abend souverän von Paul KILDEA am Pult der PHILHARMONIKER HAMBURG, der ein präzises, sehr lebendiges, aber trotz des turbulenten Geschehens auf der Bühne niemals aus dem Ruder laufendes Dirigat ablieferte, dem das Orchester mit Engagement folgte.

Die Produktion ist ein echtes Muß für jeden, der feststellen möchte, daß E-Musik, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden ist, wirklich Spaß machen kann. MK