Auch
nach vielen Jahren und einem halben Dutzend Besuchen hat die Johannes
SCHAAF-Produktion ihre guten und ihre schlechten Seiten behalten. Positiv
fällt immer noch die genaue Zeichnung der Figuren auf: Pedrillo als Opportunist,
der sich den landesüblichen Sitten und Gebräuchen schon sehr angepaßt
hat, die ambivalente Beziehung zwischen Konstanze und dem Bassa... Weniger
positiv sind dabei die eingeschränkte Spielfläche durch den orangen Quader
in der Mitte sowie der überzogene erste Auftritt von Konstanze und Selim
mit einem Karussell zu vermerken.
Von
dem Geschehen auf der Bühne war es ein fast durchgehen erfreulicher Abend.
Hellen KWON hat zwar an ein oder zwei Stellen in den Extremtönen einige
technische Schwierigkeiten, aber sie wirft sich mit solcher Vehemenz in
die Partie, daß dies nicht weiter ins Gewicht fällt. Ihre Konstanze macht
deutlich, daß Belmonte noch gerade rechtzeitig gekommen ist; einige Stunden
später, und sie hätte dem Drängen des Bassa nachgegeben - und das nicht
ungern. Belmonte ist bei Edgaras MONTVIDAS in exzellenten Händen. Er könnte
zwar darstellerisch noch etwas mehr aus sich herauskommen, aber die stimmliche
Leistung entschädigt dafür vollends. Einen so mühelos geführten, in jeder
Lage gleich gut ansprechenden Tenor, der zudem vom warmen Timbre her der
üblichen Mozart-Stimme überlegen ist, hört man nicht alle Tage.
Aleksandra
KURZAK sang die Blonde nicht ganz so mühelos, wie dies beispielsweise
bei ihrer Regimentstochter oder der "Turco"-Elvira der Fall gewesen ist.
Einige nicht perfekt angebundene Töne fielen auf, doch als Figur war sie
in jeder Sekunde präsent, der arme Osmin hatte nie eine Chance. Ihr Pedrillo
Jürgen SACHER ist bekanntermaßen ein Bewegungstalent und sicherlich der
überzeugendste Vertreter der Partie in dieser Produktion, die ich erlebte.
Auch musikalisch blieben hier keine Wünsche offen, auffällig gut mischte
sich seine Stimme mit der von Montvidas.
Beim
Beifall räumte Osmin Peter ROSE erwartungsgemäß am meisten ab, auch wenn
für mich durchaus noch die eine oder andere Nuance mehr hätte herausgearbeitet
werden können. Stimmlich war er mit seinem gar nicht einmal so fülligen
Baß ohne Probleme, weder in den schnellen Passagen, noch in den tiefsten
Tiefen. Christoph BANTZER zeigte als Selim eine ausgezeichnete Diktion.
Daß er im Zusammenspiel mit Hellen Kwon nicht ganz die Intensität erreichte,
wie dies dem verstorbenen Matthias Fuchs gelungen war, sei nur am Rande
vermerkt.
Weniger
erfreulich als die gesangliche Seite war das, was aus dem Graben zu hören
war. Marcus R. BOSCH setzte am Pult der PHILHARMONIKER zu sehr auf die
Effekte, die dadurch sehr vordergründig klagen. Irgendwie gelang es ihm
nicht, eine wirkliche Verbindung zwischen Bühne und Graben herzustellen.
Es gab keine Wackler, und das Orchester spielte ebenso tadellos wie der
CHOR sang, aber eine wirkliche Einheit kam nicht zustande. MK
.S.
Nach vier Mozart-Wochen muß ich allerdings gestehen, sehne ich mich inzwischen
dann doch nach einem anderen Komponisten.
|