"DON GIOVANNI" - 8. September 2006

Im Rahmen der Mozart-Wochen stand auch wieder die Pet HALMEN-Produktion von "Don Giovanni" auf dem Programm. Die in der Halle eines Hotels inklusive Billardtisch bzw. in den Zimmerfluchten des Hotels spielende Inszenierung, bei der Halmen für Regie und Ausstattung zeichnet, ist bei der Premiere nicht der große Wurf gewesen, und auch mit dem Abstand der seitdem vergangenen Jahre kann man keine großen Aufreger entdecken, weder im negativen noch im positiven Sinne.

In der Titelrolle war Nicola ULIVERI zu hören. Er macht seine Sache gut, aber es fehlt das letzte Quentchen an Eleganz in der Stimmführung. Die Stimme verfügt nicht über ein so exquisites Timbre, daß sie von sich aus betörend ist, und (noch) gelingt es Uliveri nicht, dies durch Phrasierung oder pianissimi auszugleichen. Zugute kommt ihm allerdings, daß er sich zu bewegen weiß und durchaus rollendeckend ausschaut. Jonathan LEMALU (Leporello) konnte großen Applaus abräumen, doch für meinen Geschmack blieb er zu eindimensional. Für einen "Giovanni-Lehrling" fehlte es ihm an stimmlicher Beweglichkeit, für einen clownesken Diener war er zu wenig komisch. Die Stimme war teilweise steif geführt, die Registerarie verpuffte ziemlich. Wie es Elvira zudem schaffen konnte, Herrn und Diener ob ihrer Erscheinung zu verwechseln, könnte nur durch einen Besuch beim Augenarzt beantwortet werden.

Saimir PIRGU zügelte rollenkonform als Ottavio sein überbordendes Bühnentemperament etwas, bewies aber aufs Neue, daß er einer der interessantesten jungen Tenöre ist. Die Stimme strömt mit einem edlen Timbre mühelos, die Koloraturen kommen ohne jeden Makel, und die Phrasierung besitzt sinnlichen Reiz. Svella VASSILEVA als Donna Anna hat Power. Von der Figur der Sängerin eher eine schmale, fast zerbrechliche Erscheinung ist die Stimme groß und voluminös. Daß sie dabei gelegentlich in den Spitzentönen über das Ziel hinausschießt, läßt sich sicherlich beheben, denn als Charakter war sie jenseits der Trauerweide eine Frau aus Fleisch und Blut.

Wer Miriam GORDON-STEWART vor der Sommerpause als enttäuschende Nedda erlebt hatte, konnte an diesem Abend kaum glauben, daß jetzt die gleiche Sängerin auf der Bühne stand. Ohne jede Sprödigkeit in der Stimme sang sie eine fulminante Elvira mit sicheren Koloraturen und darstellerischer Autorität, die zu keinem Moment bezweifeln ließ, daß sie die legitime Ehefrau des Schurken ist.

Gabriele ROSSMANITH ist als Zerlina eine echte Bank, bombensicher in jedem Ton, bezaubernd, kokett, aber niemals übertreibend. Trotzdem macht sie großen Effekt und ist immer präsent. Wilhelm SCHWINGHAMMERs Masetto kämpfte in seiner ersten Szene mit dem Rhythmus, zwischendurch fing er sich wieder, aber vollkommen sicher wurde er den Abend über nicht mehr. Der Stimme fehlt etwas, das in Erinnerung bleibt. Als optisch natürlich deutlich zu jungem Commendatore imponierte Tigran MATIROSSIAN mit profunden, herrischen Baßtönen.

Lawrence FOSTER am Pult bevorzugt einen eher romantischen Mozart, ein sehr schlankes, anämisches Musizieren ist seine Sache nicht. Der Partitur, von den PHILHAMONIKERN animiert dargeboten, bekommt das gar nicht schlecht, denn die Sinnlichkeit kommt so besser heraus. Der CHOR erledigte seine Aufgaben makellos. MK