Die
Produktion der Verismo-Zwillinge von Giancarlo DEL MONACO ist auch nach
vielen Jahren noch immer ansehnlich, mit vielen netten Details. Zudem
funktioniert sie auch im Repertoire-Betrieb problemlos.
In
diesem Jahr waren die Stücke Chefsache. Am Pult der PHILHARMONIKER stand
Simone YOUNG und dirigierte mit großen Bögen. Dabei scheut sie das Sentiment
nicht, was in dieser Musik existiert, wird dabei jedoch niemals kitschig.
Dabei läuft sie nie Gefahr, die Sänger zuzudecken, selbst wenn sie nicht
über Riesenröhren verfügen. Der CHOR war, das war in dieser Produktion
nicht immer selbstverständlich, solide.
Michele
CRIDER ließ als Santuzza einerseits wunderschöne Phrasierungen und Piani
hören, andererseits konnte man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß
ihr die Partie unbequem liegt, was an diversen scharfen Tönen zu hören
war. Trotzdem war es im Großen und Ganzen eine erfreuliche Begegnung,
insbesondere weil die Sängerin keine Furie auf die Bühne stellte, sondern
eine zutiefst verletzte Frau.
Brenda
PATTERSON machte als Lola ihre Sache sehr gut, auch wenn man in Hamburg
in dieser Rolle sehr verwöhnt worden ist. Olive FREDRICKS hatte als Mamma
Lucia einen guten Abend und unterließ auch das Outrieren größtenteils.
Johan
BOTHA hat eine derartig bombensichere Stimme, daß er sich ohne Weiteres
hintereinander sowohl den Turiddu als auch den Canio zumutet, ohne dabei
jemals an stimmliche Grenzen zu stoßen. Die Spitzentöne kommen mühelos,
gelegentlich gibt es auch einmal ein gut gestütztes Piano, für seinen
Leibesumfang ist der Tenor sehr beweglich - nur leider gelingt es ihm
nicht, mich nur für eine einzige Sekunde zu packen. Es gibt Sänger, die
können das Telefonbuch vorsingen, und es ist spannend. Bei Botha klang
für mich umgekehrt: er singt extrem emotionale Musik, und es wirkt wie
das Telefonbuch.
Die
Leidensfähigkeit des Publikums wurde von Jonathan SUMMERS, sowohl beim
Alfio als auch beim Tonio, erheblich auf die Probe gestellt. Als Alfio
wirkte er darstellerisch wie ein pensionierter Buchhalter, und obgleich
ihm Simone Young versuchte, jegliche Hilfestellung zu geben, scheiterte
er an der Auftrittsarie. Das mangelnde Temperament war auch im Duett mit
Santuzza tödlich. Bei den ersten Takten des "Pagliacci"-Prologs hoffte
man noch auf Besserung, doch dann flüchtete sich Summers sogar in Sprechgesang.
Es dürfte schwer sein, als Tonio darstellerisch nicht reüssieren zu können,
Summers schaffte auch das.
Die
Nedda von Miriam GORDON-STEWART wirkte wie ein verschrecktes Kaninchen
und nicht wie eine Frau, die vorhat auszubrechen. Sie wirkte ziemlich
unbeteiligt, was ihre Arie sowie die folgenden beiden Duette und den Anfang
des zweiten Aktes arg lang werden ließ. Zudem spricht ihre Stimme nicht
richtig an und wirkt häufig spröde.
George
PETEAN würde man durchaus den Tonio zutrauen, zumindest vom Stimmlichen
her, für den Silvio war er eigentlich eine Überbesetzung. Ho-yoon CHUNG
war als Beppe besser als in den meisten Rollen, die ich von ihm in Hamburg
in den vergangenen Spielzeiten hörte, aber noch immer keine Idealbesetzung,
dafür fehlt es ihm an Phrasierungskunst. MK
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