Es
hatte nur vier Monate Vorlauf und mehrere vergebliche Versuche vorher
gebraucht, um Karten für die Produktion der „Dreigroschenoper“ im St.
Pauli Theater auf der Reeperbahn zu bekommen. Das Theater ist nicht sonderlich
groß, aber seit es vom früheren Team der Kammerspiele bespielt wird, deutlich
im Aufwind.
Hausherr
Ulrich WALLER inszenierte Brechts und Weills Stück in einer auf das notwendigste
beschränkten Ausstattung von Götz LOEPELMANN und den Kostümen von Ilse
WELTER ohne erhobenen Zeigefinger, und der Schülern bis zum Erbrechen
gelehrten Verfremdungseffekt wurde ebensowenig ausgiebig zelebriert. Man
wird vielmehr auf hohem Niveau unterhalten, ohne daß man seinen Kopf an
der Garderobe vorher abgeben muß. Temporeich, mit vielen Einfällen, speziell
bei der Personenregie läuft der Abend ab.
Aber
es ist ja auch ein exemplarisches Ensemble von Schauspielern dort versammelt,
die dafür, daß es sich ja nicht um professionelle Sänger handelt, sehr
ansprechend mit den stimmlichen Anforderungen der Partien fertig werden.
Als
Mackie Messer überzeugt Ulrich TUKUR mit schmieriger Attitüde und sichtlichem
Spaß am Bösesein; daß er singen kann, ist ja schon länger bekannt. Seine
Polly ist bei Stefanie STAPPENBECK ist besten Händen. Sie schafft die
Balance zwischen kleinem Mädchen und knallharten Geschäftsfrau auch stimmlich.
Peachum
wird von Christian REDL als einen wahren Ausbund an Boshaftigkeit gespielt,
daß es fast schon zuviel wird. Für seine dem Alkohol zugetane Gattin ist
Eva MATTES eine echte Luxusbesetzung.
Peter
FRANKE als Polizeichef macht auch dann eine gute Figur, wenn er ohne jede
Hemmung der Korruption nachgeht. Auch Lucy (Anja BOCHE), plötzlich im
Finale ihr Interesse an Polly entdeckend, und Spelunken-Jenny (Angela
WINKLER) halten dieses hochklassige Niveau.
Ergänzt
wird das Ensemble von den RHYTHMUS BOYS, die auch Parts im Orchester übernehmen,
Geleitet wird der Abend musikalisch vom inspirierten Matthias STÖTZEL
mit Drive ohne dabei über die Rauhheiten der Partitur hinwegzudirigieren.
Jedem,
dem es gelingt, Karten zu erlangen, sollte sich diese Produktion ansehen,
denn sie bietet Schauspielertheater im besten Sinne des Wortes. MK
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