Manchmal
kommt man auf ganz ungewöhnliche Weise in eine Vorstellung. Am 14. Oktober
2004 erhielt die Redaktion eine Fan-Mail des Regisseurs der Hochschulproduktion
von Pergolesis „La serva padrona“ verbunden mit der Einladung, doch zur
Vorstellung zu kommen. Ich gebe zu, ich hätte glatt verpaßt, daß dieses
Stück überhaupt irgendwo in Hamburg gespielt wurde ohne diese mail – und
das wäre verdammt schade gewesen!
Es
ist absolut überflüssig, das fast einschränkungslose Lob mit einem herabwürdigenden
„für eine Hochschulproduktion“ zu versehen, denn was geboten wurde, war
szenisch und musikalisch spritzig, amüsant und auf außergewöhnlich hohem
Niveau dargeboten, bei dem sich auch ein renommiertes Opernhaus nicht
hätte verstecken müssen. Regisseur Axel HEIL hat hier großes Talent bewiesen.
Die
Bühne ist bis auf zahlreiche Bücher und zwei Stühle leer (Ausstattung:
Tine THOMAS). Hinzu kommt noch ein aus Sperrholz gezimmerter stummer Diener
(im Programm mit N.N. bezeichnet), der Vespone spielt, und von den beiden
Protagonisten entsprechend bewegt wird. Temporeich, aber nicht hektisch
und mit einfachsten Mitteln findet das Stück statt, ohne daß eine Sekunde
Langeweile aufkommt. Mit einer ausgefeilten, genau durchchoreographierten
und hochmusikalischen Personenführung läßt Axel Heil einen Machtkampf
der Geschlechter zwischen zwei Personen ablaufen, die eigentlich füreinander
bestimmt sind, aber erst zueinander finden müssen.
Ein
richtiger Clou ist das Schlußduett, in dem der Regisseur den Ehrgeiz entwickelt
zu haben scheint, sämtliche hohlen Operngesten (und es fehlte keine!)
in wenigen Minuten zu persiflieren, was ihm virtuos gelingt.
Es
wird deutsch gesungen mit einigen moderaten Anpassungen an die moderne
Zeit (aus Capitano Tempesta wird Hauptmann Stecher im Leoparden-Tanga,
Urberto findet, Serpina sei „noch schlimmer als Mutti“).
Die
beiden Sänger sind Glücksgriffe. Als Serpina stellt Maike RASCHKE ein
freches, aber ernsthaft in Uberto verliebtes Mädchen dar, die ganz genau
weiß, wie sie ihr Ziel erreichen wird. Dabei scheut sie auch den einen
oder anderen herberen Ton nicht. Ihre besonderen Meriten hat sie stimmlich
dort, wo sie tatsächlich zu ihren Gefühlen stehen darf.
Jan
Friedrich EGGERS (Uberto) empfiehlt sich bereits für dramatischere Rollen,
so durchgebildet und groß ist die Stimme schon jetzt. Seine widerstreitenden
Gefühle gegenüber Serpina werden durch zahlreiche verschiedene Klangfarben
der Baßstimme bestens ausgedrückt. Zudem spielt er großartig einen leicht
verschusselten, aber nicht unsympathischen Zausel, dem man erst mühsam
beibringen muß, wo sein Glück liegt.
Musikalisch
geleitet wurde der Abend durch Boris BRINKMANN, der am Klavier auch selbst
im Miniorchesterchen (Violinen: Michaela JANKE, Stefanie ACHS, Violoncello:
Annika STOLZE) mitspielte, mit Brio und flotten Tempi.
Lediglich
das zwischen den beiden Teilen gebotene Video (Jakob KLAFFS) erschien
nicht zwingend. Für mich unterbrach es den musikalischen Fluß massiv,
und auch der Sinn des Films erschloß sich mir nicht ganz.
Auf
jeden Fall sollte man Sänger und Regisseur im Auge behalten, denn es wäre
ausgesprochen verwunderlich, wenn von ihnen nicht noch Großes zu erwarten
wäre. MK
P.S.:
Daß Neugier zu erwecken, ein gutes Mittel ist, die Presse in die Vorstellung
zu bekommen, hat der junge Regisseur schon begriffen. Wir haben den Besuch
ganz sicher nicht bereut.
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