Die
Harry KUPFER-Produktion wird regelmäßig vom Publikum gestürmt. Liegt es
daran, daß diese Inszenierung in dieser Saison nur für zwei Vorstellungen
aufgenommen wurde? Oder mag es darin liegen, daß das Publikum nicht so
dumm ist, wie manchmal vermutet wird? Eine moderne, durchdachte Regiearbeit
setzt sich eben durch, im Gegensatz zu der einen oder anderen Produktion
im Repertoire.
Das
Publikum spendete viel Applaus, doch musikalisch war es ein unausgeglichener
Abend. Das lag weniger an Philippe AUGUINs Leitung des ORCHESTERs. Dies
war nicht aufregend, aber er hielt alles gut zusammen, begleitete die
Sänger, so daß sie sich gut aufgehoben fühlen konnten, und ging auf die
unterschiedlichen Bedürfnisse ein.
Es
lag auch nicht am sonoren Landgrafen von Harald STAMM, der derartige Rollen
noch immer mit großer Autorität und Präsenz durchmißt und gesanglich absolut
sicher war. Auch an Christoph GENZ als Walther, der seine gute Leistung
der vergangenen Saison wiederholte, der schönstimmigen Frédérique FRIESS
als Hirten und vor allem Yvonne NAEF (Venus) als rassigem, rothaarigem
Männertraum mit großer und mit erotischem Timbre gesegneter Stimme, lag
es nicht.
Eher
schon an Cheryl STUDER als Elisabeth. Darstellerisch war sie im zweiten
Aufzug für meinen Geschmack zu puppig, zu gekünstelt. Im dritten Aufzug
vermochte sie dann jedoch zu erschüttern. Auch stimmlich unterschieden
sich die beiden Aufzüge gewaltig. Waren im zweiten Aufzug deutlich Begrenzungen
in der Höhe, Registerprobleme und eine gewisse Kurzatmigkeit festzustellen,
waren im dritten Aufzug diese Probleme wie weggewischt. Das Gebet war
ergreifend.
Ähnliches
war bei dem Wolfram von Andreas SCHMIDT zu bemerken. Sein „Blick ich umher“
und der „Abendstern“ waren traumhaft phrasiert, sehr intelligent gesungen
mit lyrischer Stimmgebung. Alles andere der Partie wies rauher Stellen
auf, die Intonation war unsauber, und auch darstellerisch wirkte der Sänger
irgendwie bis zu Tannhäusers Auftritt im dritten Aufzug abwesend. Dann
ließ er sich von diesem offenbar anstecken.
Robert
GAMBILL hat nicht die schönste oder edeltimbrierteste Stimme der Welt.
Da gibt es Passagen, da fürchtet man, ob er den Abend zu Ende singen kann,
vieles klingt da gefährdet. Trotzdem beeindruckte der Sänger durch den
absolut schonungslosen Einsatz. Er vermochte in jeder Sekunde zu packen,
er ist in jedem Augenblick präsent, so daß die rein technische Seite zur
Nebensache wird. Seine Rom-Erzählung ist so ein Meisterstück an Phrasierung
und Textbehandlung, so daß man vor Spannung den Atem anhält.
Jörg
SCHÜMANN als Biterolf und Dieter WELLER als Reinmar blieben unauffällig,
Frieder STRICKERs Heinrich war überraschend wohlklingend.
Der
CHOR löste seine Aufgaben auf ordentlichem Niveau, auch wenn es einige
Stellen gab, an denen eher eine Ansammlung von einzelnen Stimmen zu hören
war, als ein gemeinsamer, einheitlicher Klang produziert wurde. MK
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