Verdis
Requiem wurde an diesem Abend im Michel, dem Hamburger Wahrzeichen aufgeführt.
Ein wenig Brisanz kam hinzu dadurch, daß der CARL-PHILIPP-EMANUEL-BACH-CHOR
HAMBURG, der frühere St. Michaelis-Chor, der vor vier Jahren im Streit
um die Besetzung des Chorleiters von der Gemeinde schied, an den Platz
ihres früheren Wirkens zurückkehrte.
Der
Chor entwickelte einen schlanken Klang, nicht so üppig, wie es manchmal
bei italienischen Chören zu hören ist. Ich bin geneigt, die Version von
Dirigent Michael SCHÖNHEIT eine "protestantische" Interpretation von Verdis
Totenmesse zu nennen. Das Stück klang an diesem Abend tatsächlich wie
Kirchenmusik, wesentlich weniger opernhaft-südländisch, als man es häufig
hört. Eine interessante Interpretation, zumal wenn sie so perfekt dargeboten
wird wie von diesem Chor, der ein wirkliches Ganzes bildete, wo keine
Stimme herausfiel.
Weniger
positiv war es um das PHILHARMONISCHE STAATSORCHESTER HALLE bestellt,
welches gerade im Blech, aber durchaus auch bei den Holzbläsern einige
Patzer hören ließ, was bei der Akustik (jeder Ton klingt noch Sekunden
später nach) noch besonders auffällig ist.
Claude
PIA ist mit dem Tenor-Part (noch) überfordert. Er nennt einen schöntimbrierten
lyrischen Tenor sein Eigen, den er jedoch an einigen Stellen forcieren
muß (Schluß des "Ingemisco"). Der Versuch, genügend Kraft zu entwickeln,
geht auf Kosten des Klanges, die Stimme verliert an diesen Stellen die
Farbe. Robert HOLL singt nach seinen Wagnerrollen erstaunlich kultiviert.
Er hatte es nicht nötig loszudonnern, sondern kostete jede Phrasierung,
jedes Piano genüßlich aus.
Für
die erkrankte Lioba Braun sprang Elisabetta FIORILLO ein und bewies wieder
einmal, daß sie einer der führenden Verdi-Mezzosoprane der heutigen Opernwelt
ist. Mit einer profunden Tiefe, edeltimbrierter Stimme sowie sicherer
Höhe kann sie sich ganz auf den Ausdruck konzentrieren. Zudem mischte
sich die Stimme besonders schön mit jener von Michèle CRIDER, die den
Zuhöreratem mit fein gesponnenen Piani zum Stocken brachte. Die wenigen,
in forte-Höhen vernehmbaren Schärfen fallen kaum ins Gewicht. Faszinierend
zu beobachten war, wie sich im "Libera me" der Text auch in ihrer ganzen
Haltung und Mimik wiederspiegelte, während ihr stimmliches Flehen, da
unwiderstehlich, sicherlich zur Seelenrettung erhebliches beigetragen
hat. MK
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