Kirchenkonzerte haben in der Zeit der christlichen Feiertage Hochkonjunktur, Händels "Messias" hat man allerdings in den letzten Jahren in Hamburg eher selten zu hören bekommen, insbesondere nicht, wie an diesem Abend in der direkt am Fleet liegenden Katharinenkirche, in englischer Sprache.

Die beiden Klischees bei Kirchenkonzerten lauten a) es ist kalt, und b) die Akustik ist schlecht. Dankenswerterweise traf in diesem Fall nur eines der beiden zu. Für eine Kirche war es nämlich einigermaßen warm. Die Akustik war allerdings bestenfalls gewöhnungsbedürftig, besonders die Solistenstimmen wurden zunächst normal gehört, um dann einen Bruchteil einer Sekunde später als Echo erneut zu erschallen.

Negativ fiel auf, daß kein gedrucktes Programm zu existieren schien; auch ein Plakat vor der Kirche konnte ich nicht entdecken, so daß die Namen der Mitwirkenden von einem Plakat in einer U-Bahnstation (!) abgeschrieben werden mußten.

Das Konzert wurde vor allem bestritten von ehemaligen Mitgliedern der Alsterspatzen, des Hamburger Kinderchors. Diese stellten drei der Solisten sowie einen Teil des Chors. Der aus den erwachsenen Alsterspatzen hervorgegangene ONE VOICE CHOR wurde verstärkt von dem japanischen YOKUZUKA GRAKUIN CHOR. Beide Chöre gemeinsam fanden zu einem sehr homogenen Klang und entfalteten eine Stimmkraft, die bei der nicht sehr großen Besetzung ausgesprochen beachtlich war.

Bei den Solisten konnten die hohen Stimmen gegenüber den tiefen punkten. Am schlechtesten war es um den Alt von Jasmin ÜRER bestellt, die auch da deklamierte, wo die Stimme Virtuosität zeigen sollte, und zudem vom Stimmklang her nicht viel mehr als kultivierte Langeweile vermitteln konnte. Dem Baß von Hidenori KOMATSU (als einziger kein ehemaliger Alsterspatz) fehlte es in der Tiefe an Klang; die Stimme wurde stumpf. Abgesehen von der hohen Lage wiesen allen Töne ein unangenehm rauhes Timbre auf.

Positiver war da der Sopran von Mojca ERDMANN, die zwar zu Beginn in der Höhe ein wenig spitz klang, dann jedoch eine nicht sonderlich große, aber glockenreine Stimme hören ließ, der man unter akustisch günstigeren Umständen gerne nochmals begegnen möchte.

Star unter den Solisten war Roberto GIONFRIDDO. Der edel timbrierte Tenor muß keine Koloratur fürchten, auch wenn die Zukunft des jungen Sängers eher im Belcanto-Fach liegen dürfte. Vielleicht lag es an der für Händel ungewöhnlich reichen Stimme, daß er als einziger der Musik auch den notwendigen Nachdruck verleihen konnte, wodurch seine Arien zum Höhepunkt des Abends wurden.

Am Pult des hörbar sehr animierten ORCHESTERS PRO MUSICA waltete Jürgen LUHN kompetent und umsichtig, wobei es ihm bemerkenswert schnell gelang, Chöre und Orchester sowie Sopran und Tenor auf die komplizierte Akustik einzustellen. MK