Die
Inszenierung von Andreas BAESLER in den Bühnenbilder von Andreas WILKENS
mag im ersten Moment irritieren. Sie spielt nämlich in der U-Bahn-Station
"Opera", wo Hoffmann als dem Alkohol ergebener Gossendichter residiert.
In der Pause der oben gespielten Oper kommt die High Society als besonderes
Event hinunter in die U-Bahn, um dort bei Luthers Bahnhofskiosk ihr Pausenbier
zu schlürfen.
Das
Bühnenbild wird für die weiteren Akte variiert, das U-Bahn-Motiv bleibt
jedoch; hin und wieder sieht man einen Zug vorbeirauschen. Im Olympia-Akt
wird Adabeis die neueste Computeranimation namens Olympia 1.1 vorgeführt,
eine Szene, die bei jedem Absturz des Rechners alle genervten Windows-User
jubeln läßt.
Der
Giulietta-Akt läßt eine kühle, stilisierte Atmosphäre spüren, die zeigt,
daß hier hauptsächlich Geschäfte gemacht werden. Im Finale dann signiert
Hoffmann, inzwischen berühmt und gefeiert, sein Buch "Hoffmann. Les Contes.",
als der Bruch mit Stella endgültig wird. Er stürzt betrunken auf die Gleise
und singt a capella eine letzte Strophe des Liedes von Klein-Zack, während
der Vorhang langsam fällt...
Das
ist intelligent gemacht und zum Schluß sogar ergreifend. Allerdings ist
dem Regieteam zum Antonia-Akt herzlich wenig eingefallen, zumal aufgrund
des Bühnenbilds in den oberen Rängen von den Sängern zum großen Teil nur
die Unterschenkel zu sehen sind. Der Akt spielt in einem Flügel, was diverse
Stolpergefahren für die Mitwirkenden birgt. Zudem ist die Farbzusammenstellung
von rotem Samt an den Wänden, orange-roten Haaren und rosa Kleid bei Antonia
(Kostüme: Susanne HUBRICH) ziemlich schmerzhaft für die Augen. Nur Anfang
und Schluß dieses Aktes kann man als gelungen betrachten.
Bei
den zwei vorherigen Besuchen dieser Inszenierung in vergangenen Spielzeiten
wirkte die gesamte Inszenierung jedoch noch lebendiger. Das mag auch mit
der Besetzung der Titelrolle zusammenhängen. Im Gegensatz zur Premierenbesetzung
Marcus Haddock wirkte Jean-Pierre FURLAN stimmlich recht phlegmatisch.
Einige Phrasen gelangen schön, auch die Spitzentöne waren beeindruckend,
aber das Schicksal des Dichters konnte bei diesem Sänger nicht zu Herzen
gehen. Dazu kam, daß er sich wie eine Shicoff-Kopie bewegte.
Sein
Gegenspieler Laurent NAOURI bot interessantes Material in der Rolle der
vier Bösewichter, konnte aber wohl nicht ganz verhehlen, daß die Partie
noch zu dramatisch für ihn ist. Darstellerisch konnte er die richtige
Mischung von Bedrohlichkeit und Skurrilität setzen. Ich würde diesem Sänger
gerne einmal in einer anderen Rolle wiederbegegnen.
Die
beste Leistung des Abends wurde von Yvi JÄNICKE als Muse/Nicklausse erbracht.
Mit solcher überlegenen Phrasierung und dem warmen Timbre des in jeder
Lage gut durchgebildeten Mezzos gesungen, sowie dem androgynen, lässigen
Auftreten und dem überzeugenden Spiel einer von Hoffmanns Eskapaden von
ihrer eigentlichen Aufgabe abgehaltenen Muse, könnte die Oper auch "La
Muse d'Hoffmann" heißen.
Ihr
nahe kam Renate SPINGLER, die erste Giulietta dieser Inszenierung mit
wirklichem Sex-Appeal in Spiel und Stimme. Daß Hoffmann sich von ihr das
Spiegelbild abnehmen läßt, ist absolut verständlich.
Danielle
HALBWACHS (Antonia) ließ zu Beginn ihrer Arie einige unschöne Härten in
der Höhe hören, steigerte sich dann aber beträchtlich bis zu einem berührenden
Tod.
Was
Hellen KWON als Olympia aus dem Orchestergraben hören ließ, war vor allem
in den Höhen nicht gerade intonationsrein, da gab es schon Gründe zusammenzuzucken.
Ihr Auftritt als Stella mit den wenigen Noten war immerhin um einiges
besser.
Besonders
bemerkenswert war noch Jürgen SACHER in den Dienerrollen, ein Erzkomödiant,
der insbesondere in dem Couplet des Franz bewies, welches Potential in
ihm steckt. Den Computer allerdings mit Schlägen mit der Tastatur gegen
den Monitor wieder in Gang bringen zu wollen, halte ich nicht für ratsam.
Katja
PIEWECK war als warmstimmige Mutter hier nicht nur zu hören, sondern auch
zu sehen, und Carl SCHULTZ als Luther/Crespel/Schlémil zeigte Präsenz,
auch wenn der Tod des letzteren nicht ganz geschickt dargeboten wurde,
während Frieder STRICKER als Nathanael/Spalanzani etwas überzog. Sehr
positiv fiel Kuong-Yel CHOI als Capitaine der Sbirren auf.
Jacques
DELACÔTE am Pult der PHILHARMONIKER leitete den Abend durchweg sängerfreundlich,
ohne dabei eigene Akzente zu vernachlässigen. Bei diesem Dirigenten klingt
französische Oper immer so, wie man es sich erträumt, sinnlich, ohne die
Dramatik zu vernachlässigen. Der eine Verspieler des ansonsten tadellos
spielenden Orchesters geht nicht auf sein Konto. Der CHOR hat schon einmal
in dieser Oper homogener geklungen, was insbesondere im 1. Akt auffiel.
MK
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