Nach
längeren fruchtlosen Versuchen endlich Karten zu bekommen, ist es mir
bald ein Jahr nach der Premiere tatsächlich gelungen. Ganz unverständlich
ist mir der Andrang auf das Stück nicht.
Die
Inszenierung (Lothar KRAUSE) zeichnet sich vor allem durch ein aufwendiges
Bühnenbild (Dirk HOFACKER) aus. Das Zentrum der Bühne bildet eine Treppe.
Das Jordanufer wird durch einige schräge Plattformen dargestellt; für
den Palast finden sich Säulen mit Widderskulpturen an jeder Seite; für
den Tempel ist vorne in der Mitte die Bundeslade zu sehen, auf die tatsächlich
die biblische Beschreibung paßt. Davor befindet sich eine kleine Feuerstelle,
in der auch hin und wieder ein Feuer brennt. Auch der Tempel wird tatsächlich,
zumindest stellenweise, in Brand gesetzt. Dazu kommen einige nette Lichteffekte
und die Bühnenbilder bleiben einige der eindrucksvollsten Erinnerungen
des Abends.
Die
Kostüme (auch Hofacker) waren da schon wesentlich einfallsloser. Die Israeliten
trugen ausschließlich weiß, wobei sich die drei Hauptfiguren allein durch
den Gebrauch farbiger (blauer, bzw. hellbrauner für Ismaele) Kleidung
hervorhoben. Ebenso trugen die Assyrer diverse Grüntöne, mit Ausnahme
Abigailles. Ein mit Sonnen verzierter goldener Mantel als Zeichen der
Herrscherwürde wanderte, ähnlich wie die Krone, zwischen Nabucco und Abigaille
hin und her. Insgesamt war jedoch so wenig Bewegung in der Inszenierung,
dass man die Oper mit diesen Hintergrundbildern und Kostümen genau so
gut hätte konzertant aufführen können. Ich werde daher auch nicht bei
jedem Sänger einzeln darauf hinweisen, daß er/sie so unbeweglich war wie
eine Salzsäule, da dies grundsätzlich bei fast jedem der Sänger stehen
müßte.
Margaret
Rose KOENN als Anna hat wenig Chance ein sängerisches Talent unter Beweise
zu stellen. Ähnliches gilt auch für Kalle KANTTILA als Abdallo.
Daß
Thomas MEHNERT, dem es doch tatsächlich gelang, am Ende des zweiten Akts
trotz Orchester und Chor hörbar zu bleiben, nur den Hohepriester des Baal
spielen durfte, werde ich wohl nie verstehen. Vor allem da John IN EICHEN
als Zaccaria sich vor allem durch schlechte Artikulation und, selbst im
Kontext dieser sehr steifen Inszenierung, auffällige Unbeweglichkeit auszeichnet.
Dazu kommt, daß er deutliche Schwierigkeiten mit den Tiefen der Rolle
hat. Die tiefen Töne sind zu leise und klingen schnarrend. Warum nimmt
man dann nicht den Sänger, der mit Tiefen noch nie Probleme hatte?
Anja
VINCKEN als Fenena war schlicht und einfach nicht zu hören. Sie spielt
unauffällig und geht zwischen Begleitung und Mitsängern unter, sobald
sie nicht a cappella singt. Tatsächlich habe ich an dem Abend so wenig
von ihr mitbekommen, daß ich nicht mehr über sie zu sagen habe.
Joel
MONTEROs Ismaele hatte etwas von einem klassischen Opernhelden. Allein
sein erster Auftritt am oberen Ende der Treppe hinterließ diesen Eindruck,
doch auch sein weiteres Spiel und sein Gesang paßten dazu. Er spielte
etwas einfallslos, aber sang gut.
Katrin
GERSTENBERGER als Abigaille schwächelte im ersten Akt leider ein wenig
und sang einige hohe Töne mit deutlicher Anstrengung. Im zweiten Akt hatte
sie sich allerdings wieder gefangen. Wirklich beeindruckend war ihr letzter
Auftritt mit der Bitte um Vergebung, die ausgesprochen berührend gesungen
war.
An
Bastiaan EVERINK als Nabucco hatte ich keine hohen Erwartungen mehr, aber
ich hatte vergessen, daß er schon einmal in einer Verdi-Oper brilliert
hatte. Denn das gelang ihm auch dieses Mal. Im Vergleich zu den meisten
anderen Sängern war er dieses Mal ausgesprochen beweglich; sein Schauspiel
war ausdrucksstark und überzeugend und sein Gesang war vielfältig genug,
um alle Aspekte der Rolle zu umfassen. Man nahm ihm sowohl den Nabucco
ab, der sich zum Gott erklärt, als auch den, der Abigaille um das Leben
seiner Tochter anfleht. Gerade letztere Szene war unglaublich ergreifend.
Der
CHOR und EXTRACHOR unter André WEISS scheint unter dem Fortgang des langjährigen
Chorleiters vor zwei Wochen gelitten zu haben, denn man hörte hier einiges
an Ungenauigkeiten. Das wirkte sich vor allem auf den ersten Akt aus,
in dem der Chor völlig unverständlich blieb und stellenweise im Orchester
unterging. Auch im zweiten Akt kam er einmal kräftig aus dem Takt, auch
wenn sich insgesamt der Eindruck verbesserte.
Das
ORCHESTER unter Martin Lukas MEISTER hatte mehr als ein paar Probleme
mit der Lautstärke. Viel zu oft wurden Sänger übertönt, aber auch innerhalb
des Orchesters waren nicht immer die richtigen Instrumente die lautesten.
Damit meine ich vor allem die Blechbläser, die einige Male wesentlich
zu laut spielten. Die Ouvertüre war leider kein wirklicher Genuß.
Letztendlich
handelte es sich um eine sehr solide Aufführung mit einem wirklich herausragenden
Sänger und einem beeindruckenden Bühnenbild; gut, aber nichts Besonderes,
abgesehen von der Tatsache, daß ich eine meiner Lieblingsopern endlich
einmal live erleben konnte. NG
|