Eine
Uraufführung brachte heuer die Oper im Festspielhaus bei den Bregenzer
Festspielen. Judith Weir (*1954), britische Komponistin, bearbeitete dafür
ein sizilianisches Märchen und machte die Geschichte in ihrem Libretto
dingfest in der heutigen Zeit.
Herausgekommen
ist "Achterbahn" oder "Miss Fortune", so der Originaltitel. Eine Geschichte
um den börsenbedingten Abstieg einer Familie, die Eltern (Alan EWING und
Kathryn HARRIS) fliehen ins Ausland, die Tochter Tina (Emma BELL in einer
Kraftrolle, die sie überzeugend meistert), will endlich selbst Geld verdienen.
Gar nicht einfach, wenn man als Putzfrau in der Näherei auch noch als
Nachtwache ausgenutzt wird, und dann eine Bande die Fabrik überfällt und
zerstört. Wenn die Kebab-Bude eines neuen Freundes (eindringlich Noah
STEWART) ebenfalls überfallen und angezündet wird, just, da Tina allein
dort ist. Oder sie auch im nächsten Job als Büglerin von ihrer Chefin
(Anne-Marie OWENS) ausgenutzt wird. Da zweifelt man dann doch an seinem
Schicksal. Tinas Schicksal steht als Fate (ein sehr präsenter Andrew WATTS)
denn auch leibhaftig auf der Bühne, ist immer dort, wo sie ist und richtet
meist Schaden an. Nur am Ende, als Tina durch ihn einen Lottoschein erhält,
der mit leichter Nachhilfe von Fate einen Jackpot von 100 Millionen bringt,
scheint es aufwärts zu gehen. Tina verschenkt das Geld an die Bedürftigen
und geht mit dem Mann (Jacques IMBRAILO), der sich in die Büglerin verliebt
hat, in den Sonnenuntergang; das Schicksal im Schlepptau.
Märchenstoffe
in der Oper sind reizvoll und kommen nie aus der Mode. Problematisch wird
es dann, wenn schon Komponist oder Komponistin die Geschichte zu sehr
festlegt, besteht doch der Reiz eines Märchens eigentlich in seiner Zeitlosigkeit.
Man sollte es der Regie überlassen, gegebenenfalls einen Rahmen zu stecken
und nur die Grundlage für die Phantasie legen. Das hat Ms Weir leider
nicht getan, und so entfaltet sich eine Bilderfolge ohne Spannungsbogen,
ohne überzeugende Dramaturgie. Die Regie von Chen SHI-ZHENG bebildert
das Geschehen mit starken Farben, eindruckvollem Breakdance und klug eingesetzter
Videotechnik, greift aber nicht korrigierend ein.
Das
die knapp zwei Stunden trotzdem zu einem Erlebnis werden, liegt an der
Musik, denn trotz des mißlichen Librettos ist Ms Weir eine Komponistin
mit einem sehr feinen Händchen für die Oper. Sie findet für jeden Augenblick,
die der Stimmung entsprechende Musik und bringt damit den Spannungsbogen,
der der Geschichte fehlt. Hier erinnert sie, auch wenn es platt klingt,
an Benjamin Britten, der immer die richtige Instrumentierung für die jeweilige
Szene fand. Bei Paul DANIEL und den WIENER SYMPHONIKERN war diese Musik
bestens aufgehoben.
Am
Ende Begeisterung im ziemlich ausverkauften Festspielhaus, in dem das
Konzept und der Mut von Intendant David Pountney mal wieder Früchte getragen
haben. KS
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