Die
Opern im Festspielhaus bilden regelmäßig einen Höhepunkt der Bregenzer
Festspiele. So auch in diesem Jahr, wo man sich zum Benjamin-Britten-Schwerpunkt
seine letzte Oper auserkoren hat. In Bregenz wird das Werk zu einer perfekten
Verschmelzung der deutschen Novelle, der italienschen Stadt, der englischen
Musik und des japanischen Regisseurs (Yoshi OÏDA).
Die
Szene (Bühnenbild: Tom SCHENK) ist in dunklem Braun: braun metallisch
glänzende Paneele an der Rückwand, ein brauner Ponton und braune Stege
über seichtem Wasser. Nur das helle, manchmal gleißende Licht oder die
dezenten Einblendungen ruhiger Wellen lassen auf Adria schließen (Lichtdesign:
Paule CONSTABLE). Mehr braucht es nicht. Zwei tänzerisch geschulte Schauspieler
(Tom LAWRENCE und Duncan MACDONNELL) gleiten wie Schatten über die Bühne
und gestalten mal mit Waschschüssel und Spiegel das Hotelzimmer, mal mit
Ruder den Gondoliere, tragen fast unbemerkt Stühle über die Bühne oder
verschieben die Stege wie von Geisterhand, strahlen eine unglaubliche
Ruhe und Leere aus. Nichts ist hier fest, alles fließt beinahe unmerklich.
In
diesem Fluß befindet sich Gustav von Aschenbach, wie er immer weiter hineingezogen
wird in diese Welt, immer weiter versinkt in seinen sich mehr und mehr
steigernden Gefühlen für den jungen Tadzio (Pavel POVRAZNÍK). Um ihn herum
entsteht ein Wirbel, der getragen wird von z. B. einem Reisenden, einen
alten Geck, dem Friseur, dem Hotelmanager, dem alten mysteriösen Gondoliere
alle von Britten für einen einzigen Sänger (den sehr wandlungsfähigen
Peter SIDHOM) geschrieben, damit den Taumel verstärkend. Da wo nicht Mitglieder
des BRITTEN FESTIVAL CHORUS die vielen kleinen Rollen übernehmen greift
die dieses Konzept voll unterstützende Choreographie von Daniela KURZ
für das TANZTHEATER NÜRNBERG. Deren Badeanzüge, genauso wie die Kleidung
von Tadzios Familie oder Aschenbachs Anzug (Kostüme: Richard HUDSON) fixieren
das Stück zwar in der Zeit Thomas Manns, Oïdas Personenregie lässt aber
keinen Zweifel an der Zeitlosigkeit des Stoffes.
Beeindruckend
dabei Alan OKE in der Rolle des Aschenbach, der beinahe die gesamte Zeit
auf der Bühne ist und dessen Entwicklung von Verwunderung über Egoismus
und Verfall bis zu seinem leisen Tod einen nicht losläßt. Oïda gelingt
es darüber hinaus, die mystischen Elemente des alten Gondoliere oder den
Streit zwischen Apollo (Will TOWERS) und Dionysos ohne Bruch zu integrieren.
Paul
DANIEL und die WIENER SYMPHONIKER bieten Brittens aufgefächerte Musik
detailreich von der kleinen Geste bis zum großen Ausbruch. Brittens immense
Humanität hat hier einen ergreifenden Ausdruck gefunden. KS
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