Schon
Wochen vorher war über das Bühnenbild (Johannes LEIACKER) berichtet worden.
Das riesige Auge, das nicht nur die Farbe wechseln kann, schwarz für Tosca,
blau für die Attavanti, nein die enorme Technik erlaubt das Herausklappen
der Iris in viele verschiedene Richtungen und Höhen, auch das restliche
Auge kann komplett nach hinten weggeklappt werden.
Regisseur
Philipp HIMMELMANN läßt sich von dieser Bühne allerdings nicht einschüchtern.
Es gelingt ihm, die Szenen immer wieder zu fokussieren, auf die Figuren
herunter zu brechen und die Blende sozusagen nur in bestimmten Augenblicken
aufzureißen. Darin liegt eine große Stärke der Inszenierung. Wenn der
Mesner (Martin WINKLER) zu Beginn mit den Kindern die Bühne bevölkert,
während Cavaradossi hoch oben in der Hebebühne am Auge malt, herrscht
großes Tableau, wenn dann aber Tosca und Cavaradossi allein sind gibt
es trotz vieler Bewegung Kammerspiel. Und so wechseln sich die Stimmungen
ab.
Himmelmann
versetzt die Szene in eine Diktatur, keine Militärdiktatur, sondern in
eine der Überwachung, wo Scarpias Schergen in unauffälligem Braun, mit
Pistolen und Sonnenbrillen die Szene beherrschen. Und Scarpia selbst ist
weit mehr als nur der Polizeichef. Seine Macht ist so vollkommen, daß
er beim Te Deum im Angesicht von Kreuz und versammeltem Klerus seine Gegner
ins Verlies sperren lässt, nur um sie dann erschießen zu lassen. Dazu
paßt dann seine extreme Gelassenheit im 2. Akt. Lässig, mit geöffnetem
Smokinghemd, spielt er mit Tosca, Cavaradossi interessiert ihn sowieso
nicht. Sein gieriger schmatzender Kuß ist nur Teil des Spiels, Toscas
"Vissi d'arte" langweilt ihn, sein Tod ist geräuschvoll theatralisch.
Auf der horizontal über der Bühne schwebenden Pupille entsteht so eine
dichte Atmosphäre.
Im
dritten Akt rückt die Bühne dann noch näher. Die Iris steht senkrecht
über dem vorderen Bühnenrand, Cavaradossi in hoher Höhe, seine Zelle die
aufgeklappte Pupille, über ihm am Rand der Iris Tosca. Die Liebenden sehen
sich kaum an, als ob sie nur voneinander träumen, eine Berührung durch
die große Entfernung unmöglich. Als Cavaradossi tot am Rand der Pupille
liegt, kann Tosca nicht zu ihm, ahnt nur, dass er tot sein muß, bis der
Leichnam ins Wasser fällt. In noch höhere Höhen schraubt sich dann die
Iris, an ihrem höchsten Punkt Tosca mit sich tragend, bevor diese springt.
Nun allerdings nicht real, sondern ihr Fall ist Videoproduktion, ein schier
endloser Sturz in den Malstrom. Bei all dieser Dramatik entgeht einem
beinahe, daß bei Cavaradossis Arie "E lucevan le stelle" die Sterne tatsächlich
über dem Bodensee leuchten.
Nadja
MICHAEL gibt eine moderne sportliche Frau, in rotem Hosenanzug bzw. Kleid
(Kostüme: Jorge JARA), mit starkem Ausdruck, ihr schon oft beschriebenes
Vibrato war allerdings auch an diesem Abend zu hören. Zoran TODOROVICH
strahlte nicht nur beim "Vittoria", und Gidon SAKS verlieh Scarpia die
dunkle Gelassenheit, die hier betont wurde.
Die
Akustik war durch die neue Technik absolut präsent und ausgewogen und
Ulf SCHIRMER mit den WIENER SYMPHONIKERN spielen im Festspielhaus mit
der nötigen Klarheit, die eine solch monumentale Aufführung erfordert.
KS
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