Die
Dänen müssen ein freundliches und fröhliches Volk sein, sonst wäre kaum
Carl Nielsens „Maskerade“ zu ihrer Nationaloper avanciert. In anderen
Ländern dagegen tat sich das 1906 uraufgeführte Werk eher schwer. So war
gar die deutsche Erstaufführung erst 1994 in Kassel. Heuer hat sich Bregenz
dieser zu Unrecht zu den Raritäten gehörenden Oper angenommen.
Die
Geschichte, auf der Grundlage von Ludvig Holberg (1684-1754), erfüllt
alle Voraussetzungen einer komischen Oper. Leander soll nach dem Willen
seines Vaters Leonora heiraten. Aber er verliebt sich auf der nächtlichen
Maskerade ein eine Unbekannte und weigert sich. Ebenso geht es Leonora.
Erbost begeben sich beide Väter am nächsten Abend selbst auf das Fest,
wo auch Leanders Mutter, geschützt durch die Maske, ihren Spaß sucht.
Nach einem wilden Durcheinander werden am Ende der Festivität alle Masken
fallen gelassen und, siehe da, Leanders schöne Unbekannte ist natürlich
Leonora, alles andere vergeben und vergessen. Die Welt ist wieder in Ordnung.
Daß
diese Geschichte nicht ins seichte Fahrwasser der Banalität abgleitet,
verdankt sie zum einen dem menschenfreundlichen Blick auf die Figuren.
Niemand wird der Lächerlichkeit preisgegeben, alle mit Wohlwollen betrachtet.
Und zum zweiten ist da natürlich die wunderbare Musik Nielsens, die diese
Haltung jeden Augenblick lebt, wie man es ja schon von seinen Symphonien
kennt. Da sind immer Tiefe und berauschende Klänge.
Der
Bregenzer Hausherr David POUNTNEY nahm sich selbst der Regie an. Und daß
in der dänischen Gesellschaft nicht alles zum Besten steht, ist gleich
zu Beginn klar. Die Bühne ist von einem Goldrahmen gesäumt, der allerdings
doch etwas schief hängt (Bühne: Johan ENGELS). Da fällt dann im Laufe
der Ereignisse auch schon mal einer bildlich aus dem Rahmen, wenn es zu
arg zugeht. - Das absolute Highlight der deutsch gesungenen Oper ist gleich
der erste Akt, wenn Leander und sein Diener Henrik mit schwerem Kopf aufwachen
und sich die ganze Problematik der Geschichte entwickelt. Bühne und Kostüme
(Marie-Jeanne LECCA) sind stilisiert historisch, ohne staubig zu wirken,
alles läßt noch Raum für die Phantasie.
Und
hier entfaltet sich auch die Spielfreude der Sänger zu großer Form. An
erster Stelle muß Markus BRÜCK als Henrik genannt werden, der nicht nur
exzellent singt, sondern sich mal wieder als Bühnentier entpuppt und jeden
Augenblick voll präsent ist. Da tut sich Daniel KIRCH als Leander etwas
schwerer, hat aber auch die undankbarere Rolle. Die Elterngeneration mit
Günter MISSENHARDT als Leanders Vater, Julia JUON als dessen Frau und
Ernst D. SUTTHEIMER als Leonoras Vater sind eine Riege wunderbar skurriler
Alter. In einer Nebenrolle glänzen kann Adrian THOMPSON als Knecht, nur
Barbara HAVEMAN als Leonora hat eine viel zu kleine Rolle, um sich entfalten
zu können.
Im
zweiten und dritten Akt, die beide kurz vor oder auf der Maskerade spielen,
wird dann viel getanzt, Ballette und Scharaden, viel Form, wenig Inhalt.
Selbst der KAMMERCHOR MOSKAU kann beweisen, daß er nicht nur singen, sondern
auch tanzen kann. Hier zieht Pountney so richtig vom Leder. Madonna trifft
auf Elvis, griechische Mythologie auf das alte Ägypten und auch ein Tanzspiel,
bei dem junge Ehefrauen mit knackigen Kerlen ihre Männer betrügen, gibt
es zu bestaunen. Vielleicht ein bißchen zuviel des Guten, wenn die Geschichte
in den Bildern ertrinkt. Aber auch hier bleibt Nielsens Musik immer ein
Genuß.
Das
ist nicht zuletzt auch Ulf SCHIRMER und den WIENER SYMPHONIKERN zu verdanken,
die diese Musik wunderbar zum Leuchten bringen. Schön, daß diese Oper
nicht gleich wieder verschwindet, sondern ins Repertoire des Royal Opera
House in London übernommen wird. KS
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