Bei
Samuel Beckett heißt es: "No matter, try again, fail again, fail better."
Das hat sich die Regisseurin Katja CZELLNIK wohl als Motto für die Figuren
ihrer Inszenierung von Bohuslav Martinus Oper "Julietta oder Das Traumbuch"
der diesjährigen Bregenzer Festspiele gegeben.
Alles
ist ein Traum, von dem Augenblick an, da der Pariser Buchhändler Michel
(Johannes CHUM) am Bühnenrand mit seinem hohen Bücherstapel zusammenbricht.
Landen tut er in einer Stadt ohne Erinnerung, in der die Bevölkerung immer
wieder dieselben Dinge tut, versagt, und wieder von vorn beginnt. Beckett
oder Sisyphos, ein Leben ohne Sinn, wo man Räder Hügel hinauf rollt, die
natürlich sofort wieder hinunter kullern, wo man vom Wind hinauf geweht
wird, um oben auf eine Flaute zu treffen, alles ist sinnlos, alles endlos.
Würde
sich Michel nicht in die Stimme von Julietta verlieben, die er in einem
Fenster irgendwo in der Stadt hört. Er kehrt also nach drei Jahren in
die Stadt zurück und findet Julietta, die ihn liebt, aber eben ohne Erinnerung,
die kann man ja kaufen. Martinu schichtet nach der Vorlage des Stückes
von Georges Neveux Reales und Irreales direkt nebeneinander bis hin zum
Traumbüro im letzten Akt, wo sich jeder die Träume, die er gern hätte,
vom Beamten bestellt; Bettler aber bitte nur freitags. Michel, der glaubt
Julietta erschossen zu haben, will sie im Traum noch einmal finden, aber
sein Traum ist zuende, er muß gehen.
Stoff
und Musik sind dazu angetan, große Bilder zu assoziieren. Im einheitlichen
Bühnenbild von Vera BONSEN geht hier nach dem grandiosen Sturz mit den
Büchern allerdings vieles verloren, das Sisyphos-Motiv muß den ganzen
Abend tragen, die Absurditäten bleiben auf der Strecke, am Ende zieht
es sich gar.
Die
WIENER SYMPHONIKER unter Dietfried BERNET (der auch an der Neufassung
des deutschen Librettos beteiligt war) spielen zwar sachlich, aber trotzdem
suggestiv und zeigen die ganze Phantasie von Martinus Musik.
Auch
die Sänger tragen die Geschichte mit: Chum als Michel, der die ganze Zeit
versucht, Ordnung zu behalten und Julietta über alle Irritationen hinweg
liebt. Oder Julietta selbst (der reiche Sopran von Eva-Maria WESTBROEK),
die zwar keine Erinnerung hat, aber ihren Michel hingebungsvoll liebt,
auch wenn sie oft nicht versteht, was er eigentlich will.
Oder
Richard SALTER als Mann mit Akkordeon, der ruhende Pol, der den Menschen
Erinnerungen suggeriert, die sie glücklich machen. So z. B. dem hervorragenden
Adalbert WALLER als altem Mann.
Man
spürt an diesem Abend das Potential der Oper und möchte mehr. Ein Lob
an die Veranstalter, die nach der Griechischen Passion 1999 heuer erneut
einen Martinu aufs Programm gesetzt haben. Kerstin Schröder
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