Mit
der Waldbühne hat Berlin ein sehr tolles Amphitheater in ebenso tollem
Ambiente, und dort kam auch das ZDF seinem Kulturauftrag nach und brachte
sein alljährliches Opernprogramm, gerafft auf eine Stunde und fünfzehn
Minuten (vor ein oder zwei Jahren gab es wenigstens noch die „Götterdämmerung“
aus Bayreuth aus dem Kirchner/Rosalie-Ring verteilt auf drei Nächte).
Übertragen wurde heuer die Aufzeichnung des Konzerts von den „Superstars“
Anna NETREBKO und Marcelo ALVAREZ, von denen Ausschnitte aus deren Interviews
plötzlich und unvermittelt eingespielt wurden (Regie Henning KASTEN).
Die
Sopranistin, die hier das erste Mal in Berlin und das erste Mal open-air
sang, wirkte sympathisch und schüchtern, sie wollte so gar nicht in das
Klischee der Lolita-Diva passen, das ihr die Plattenindustrie verordnet
hat. Alvarez hingegen tat so, als wäre er der zweite Carreras nur mit
überkandideltem Selbstbewußtsein, das sich auch in seinen Vorträgen wiederspiegelte,
wo er rumzappelte wie ein koffeinsüchtiger ADSler, der gerade die Welt
vor einem interstellaren Angriff gerettet hat, indem er einfach nur sang.
Gegeben
wurden – wie sollte es auch anders sein – die Hits der (mal mehr, mal
weniger italienischen) Oper, ohne eine Duca-Arie und „Nessun Dorma“, dafür
mit „Brindisi“, deren technische Anforderungen zumeist nicht sonderlich
hoch waren. Sicherlich zählen die beiden Sängern zu den besseren, aber
daß sie mich vom Hocker gerissen hätten, kann ich absolut nicht bestätigen!
Es klang alles irgendwie gleich. In erwähntem Interview äußerte Netrebko,
daß, da es in allen Opern ja um die Liebe ginge, man alles im Prinzip
gleich singen könne, nur halt mal in einer anderen Sprache – es war symptomatisch
für ihren Gesang. Es war ordentlich gesungen (mit kleineren technischen
Problemen), aber ohne jegliche Emotion. Sie hat zwar eine schöne Stimme,
aber reicht das??? Auch ihr Aussehen wird ja immer so gelobt. Sie sieht
gut aus, aber ich finde nicht, daß sie nun DIE Schönheit ist. M. E. kommt
ihre Karriere zehn Jahre zu früh. Sie ist noch nicht ausgereift. Ich frage
mich ernsthaft, ob man sie in drei Jahren noch kennt. Sie zählt für mich
derzeit zu den überbewerteten Starsopranistinnen, die sich nahtlos in
die Reihe Fleming, te Kanawa, Gheorgiu und Bartoli (OK, ist eine andere
Stimmlage, aber dasselbe Phänomen) einfügen, aber das ist halt mein persönlicher
Geschmack.
Alvarez
sang zwar ebenfalls anständig (mit leichten Intonationsproblemen), aber
wirkliche Gefühle konnte auch er nicht vermitteln. Es ist jedoch angenehm,
mal einen Tenor zu hören, der auch differenziert... Gut gefiel mir sein
„Pourquoi me réveiller?“. Nur sein Gebahren auf der Bühne nervte doch
arg. Begleitet wurden die beiden von dem DEUTSCHEN SYMPHONIE ORCHESTER
BERLIN unter der uninspirierten Hand von Marco ARMILIATO.
Bei
all dem mediokren Singsang fielen jedoch drei Sachen in höchstem Maße
negativ auf: Netrebkos „O mio babbino caro“ – weiß sie, daß das eine komische
Oper ist und daß sie in der Arie ihren Papa nur rumkriegen will, zu bleiben?
Ich hatte das Gefühl, als würde sie die ganze Sippschaft anflehen, ihren
geliebten Rinuccio doch bitte von den Flügeln der Mühlen von Signa loszubinden,
an denen das tollwütige, fleischfressende und sehr hungrige Maultier gerade
knabbert. Der zweite Punkt war Alvarez’ „M’appari“, bei dem ich nur darauf
wartete, daß er am Ende ein Schwert zückt und ein schallendes „all’armi“
in das Rund brüllt...
Und
dann war da noch die wohl krasseste Fehlbesetzung, die man sich vorstellen
kann: Nina RUGE, die für die Moderation verantwortlich zeichnete, und
der die fachliche Inkompetenz aus dem zu einem debil-entrückten Dauergrinsen
à la „Ach was bin ich ergriffen“ verdonnerten Gesicht schoß. Schon beim
Parmakonzert zu Verdis hundertstem Todestag vor drei Jahren beeindruckte
sie mit einem interessanten Bericht über – Parmaschinken und Parmesan.
Und da das damals ja schon so super ins Konzept paßte, grabschte sie sich
dieses Mal einen armen Zuschauer und fragte ihn, was er denn so alles
gegessen habe (Tomaten und Mozzarella, süß eingelegte Zwiebeln (will gar
nicht wissen, wie das schmeckt)...). Ich weiß nicht warum, aber ich konnte
mich des Eindrucks nicht erwehren, daß mich das nicht wirklich interessiert
hat. Leider habe ich das in einer Kritik erwähnte „Nina, halt’s Maul!“,
das jemand aus dem Publikum wohl gerufen haben soll, nicht mitbekommen,
aber derjenige hätte von mir spontan Szenenapplaus bekommen.
Gibt
es denn im deutschen Fernsehen niemanden, der zumindest erahnen lassen
könnte, daß er Ahnung von der Materie hat??? Ruge mag zwar in ihrem Metier
der Reichen und Berühmten gut sein (wenngleich sie mir auch dort tierisch
auf den Wecker geht), aber von solchen Sachen sollte sie die Finger lassen!
Das wäre ja so, als wenn Carmen Nebel die „Hitparade des Heavy, Black
and Death Metal“ moderieren würde... WFS
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