Bedauerlicherweise
gab es an der Staatsoper in diesem Herbst nur drei Vorstellungen der "Tannhäuser"-Produktion
von 1999 (Kupfer/Schavernoch/Shiff). Schade, denn sowohl am 20. als auch
am 23.09. konnte man Oper pur erleben. Lob gebührt dabei als allerersten
Sebastian WEIGLE. Seine sensible und professionelle Arbeit am Pult, insbesondere
die akzentuierte Zeichengebung und das untrügliche Gefühl für die Musik,
trugen maßgeblich zum Gelingen der Vorstellung bei.
Die
STAATSKAPELLE folgte den gesetzten Akzenten mit der unverwechselbaren
Virtuosität, schwärmerisch jubilierend bei Tannhäusers Ausbrüchen, nachdenklich
klingend bei Wolframs Elegien. Wem die Schönheit der Musik bisher verborgen
geblieben war, hier konnte er sie entdecken. Die Regie gab dem Titelhelden
das Auftreten eines begabten und deshalb eitlen, selbstherrlichen Künstlers,
der heute und morgen da, Elisabeth als Abbild seines Ideals nicht nur
sittsam preisen, sondern in erster Linie besitzen will. Er erträumt sich
den Venusberg und dessen Hüterin als sein Utopia, ist der sichtbar treibende
Keil bei der Eskalation des Events "Sängerkrieg" und wird schließlich
im Beisein des Papstes unter einem mit dem neu ergrünten Stock geschmückten
Sargdeckel begraben. Neben dieser ausschließlich um sich selbst kreisenden
Existenz bleiben alle anderen Staffage. Die Welt geht, weil Tannhäuser
es will. Harry KUPFER ist stückkonform geblieben, kitzelte aber an den
passenden Stellen ironisch Gesellschaftskritik heraus. Dem Publikum wird
der Spiegel vorgehalten.
Robert
GAMBILLs Tannhäuser ist die absolute Entsprechung dieser Deutung. Aiuch
musikalisch gab es bei ihm nichts auszusetzen. Eine strahlende, leichte
Höhe, saubere Intonation und exakter Gesang zeichneten den Tenor aus.
Hinzu kam, wie bei jedem seiner Kollegen, eine bewundernswerte Wortdeutlichkeit.
Angela DENOKE besitzt neben dieser auch die Fähigkeit, an einem Abend
zwei völlig unterschiedliche Frauen darzustellen. Zwar war Venus, und
hier liegt aus meiner Sicht auch die Gefahr der Besetzung mit nur einer
Sängerin, nur femme fatale statt Göttin, doch der Gegensatz zu Elisabeth
war allein im Gesang so deutlich, daß man an zwei Interpretinnen glauben
wollte. Als Venus strahlte ihre Stimme eine dunkle Wärme aus. Elisabeth
dagegen besaß helle jubilierende (im 2. Akt) und schmelzend klagende Töne
(im 3. Akt). Welcher Gott - und welcher Mann - hätte sich diesem Flehen
verschließen können?
Wolfram
vermag es nicht und zehrt bis zur unabsehbaren Gewißheit von Elisabeths
Ende von der Hoffnung, die Geliebte doch noch zu gewinnen. Feinfühliger
kann diese Rolle nicht angelegt werden, als sie von Andreas SCHMIDT interpretiert
wurde. Mit seiner durch die Erfahrung im Liedgesang geschulten Stimme
vermochte er das gesamte Spektrum an Gefühlen allein schon durch den Gesang
erlebbar zu machen. Sein darstellerisches Porträt des vergeblich Sehnenden
ergänzte hier ohne übertriebene Gestik. Der "Abendstern" als letzter Liebesgruß
- einfach nur schön.
Respekt
allein mit der Macht seiner Stimme besaß Kwangchul YOUN (Landgraf). Als
Herr über Land und Leute hatte er die Gelegenheit seinen tiefschwarzen
Baß strömen und an den richtigen Stellen über alle anderen klingen zu
lassen.
Biterolf
ist ein Militarist durch und durch, woran Bernd ZETTISCH den ganzen Abend
über keinen Zweifel ließ. Die Rolle ist für ihn ideal, so daß man statt
baritonalem Gepolter (wie anderorten) musikalische Kunstfertigkeit zu
hören bekam. Walther (Stephan RÜGAMER) als eitles Tenorklischee konnte
mit mozartesken Tönen überzeugen, während Andreas SCHMIDT, Tenor, (Heinrich
der Schreiber) und Gerd WOLF (Reinmar) als landgräfliche Steigbügelhalter
das musikalische Niveau auch im kleinen zuverlässig mittrugen.
Der
STAATSOPERCHOR (Leitung: Eberhard FRIEDRICH) stellte seine Meisterschaft
ein weiteres Mal unter Beweis. Ob als Pilger, Publikum beim Sängerwettstreit
oder Bewohner des Venusberges verstanden sie es stets, den optimalen Klang
zu erarbeiten.
Lob
dem Haus und seinen Gästen also für diese Sternstunden! Und: mehr bitte!!!
Anke Hartmann
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