Die
Filmregisseurin Doris DÖRRIE schuf ihre erste Opernregie - und scheiterte
prompt. Was geboten wurde, war eine klamaukige Personenregie im siebziger
Jahre-Ambiente (Bühnenbild und Kostüme: Christian SEDELMAYER), wodurch
das Ganze nicht besser wurde; die Siebziger waren nun einmal nicht die
geschmacksicherste Dekade. Was wollte Frau Dörrie uns damit sagen? Für
reines Amüsement hat sie sich das falsche Stück ausgesucht, denn den Irrtum,
"Così" sei eine frivole Boulevard-Komödie, sollte eigentlich bereits seit
ein paar Jahrzehnten ausgerottet sein. Aber die Gags waren ja auch noch
nicht einmal gut. Die Liebhaber kommen, nachdem sie sich als sehr spießige
Geschäftsmänner präsentiert haben, als Hippies. Mit diesem Konzept hätte
man vielleicht vor fünfundzwanzig Jahren etwas erreichen können, aber
wohl kaum heute. Zudem begeht die Regisseurin den Fehler, die Unterschiede
zwischen Fiordiligi und Dorabella bzw. Ferrando und Guglielmo nicht herauszuarbeiten,
so daß der Clou des Stückes (die vertauschten Paare würden viel besser
zueinanderpassen) nicht klar wurde. Auch wird nicht deutlich, wie es weitergehen
wird. Beim Finale wird nicht einmal Ratlosigkeit deutlich, es herrscht
lediglich Herumgestehe.
Eine
enervierende Wirkung entwickeln die Surtitles, die mit modernisierter
Sprache aufwarten und damit da Ponte in keiner Weise gerecht werden. Anhand
der Verfälschungen erscheint es schon fast nur ein Zufall zu sein, daß
die Liebhaber gar nicht so verkehrt mit einem Flugzeug zum Militär abgeholt
werden, da "barca" eben nicht nur Schiff bedeutet. Man kann diese Regie
eigentlich nur vergessen, denn weiter darüber zu spekulieren, was die
Regisseurin damit zeigen wollte, führt zu keinem Ergebnis, da es schlicht
an Beschäftigung mit dem Stück zu fehlen scheint.
Die
musikalische Seite war auch nicht unbedingt als gelungen zu bezeichnen.
Diese Kritik kann nur vor zwei der Sängern und dem CHOR, der seine kurzen
Einwürfe überzeugend brachte, sowie dem tadellosen ORCHESTER und Dirigent
Philippe JORDAN halt machen. Jordan setzte nicht auf den modernen "schlanken"
Klang, sondern schöpfte aus dem Vollen, so daß es musikalisch keine trockene,
akademische Angelegenheit wurde.
Bei
den Sängern waren lediglich die beiden tiefen Stimmen adäquat besetzt.
Carlos CHAUSSON (Don Alfonso) bot einen eleganten Lebemann, der sich offenbar
so wenig wie möglich um die Regie kümmerte und sich statt dessen lieber
auf die in vielen Rollen erworbene Routine stützte. Er phrasierte so,
daß die wenig sinnvollen Übertitel zum Verständnis nicht notwendig gewesen
wären. Als einziger war er stimmlich und darstellerisch bühnenbeherrschend
präsent.
Ebenfalls
sehr gut Hanno MÜLLER-BRACHMANN (Guglielmo), dessen weitschwingende Stimme
allerdings schon über Mozart hinausdeutet. Er ließ einen schön timbrierten
Baßbariton hören. Im ersten Akt durfte er bis auf die Unterhose strippen,
was aufgrund des ansehnlichen Körperbaus des Sängers nicht unangenehm
wirkte. Darstellerisch schien er mit der Verkleidung auch die Zurückhaltung
abgelegt zu haben, denn im Hippie-Outfit spielte er sich die Seele aus
dem halbnackten Leib.
Werner
GÜRA (Ferrando) legte dankenswerter nur sehr kurzfristig sein Hemd ab,
denn er hätte hier nicht mithalten können. Auch gesanglich fiel er deutlich
ab. Die Stimme schien nicht richtig zu sitzen, außerdem war das Timbre
sehr weiß, was bei dieser langen Partie besonders ins Gewicht fällt. Da
war es fast positiv, daß "Tradito, scernito" gestrichen worden war.
Bei
den Damen sang Dorothea RÖSCHMANN eine technisch perfekte Fiordiligi.
Leider fehlte es an Leidenschaft, an Gefühl, an Identifikation mit dieser
Rolle. Das Gefühlschaos wurde in keiner Sekunde deutlich, was wieder einmal
zeigte, reine Perfektion ist langweilig. In dem Verständnis der Rolle
war ihr Patricia RISLEY (Dorabella) überlegen. Sie spielte überzeugend,
allerdings wirkte sie der Partie häufig technisch nicht gewachsen. Mehrere
Male fehlte der Atem.
Als
Despina komplettierte Daniela BRUERA mit quirligem Spiel (damit die Herren
beim Schauen nicht so benachteiligt wurden, durfte sie unzüchtige Dinge
mit einem Harkenstiel tun), allerdings auch schwacher Höhe. MK
|