Bei
"Canto per te" handelt es sich um einen Spielfilm, den man dringend gesehen
haben sollte, da es sich um ein unglaubliches Produkt handelt.
Es
ist der einzige Spielfilm mit Giuseppe DI STEFANO in der Hauptrolle. Es
spielen ferner noch diverse andere Personen mit, deren Namen nicht unbedingt
merkenswert sind (abgesehen von einer Figur, die leider nicht in den Credits
namentlich erwähnt wird, aber dazu später).
Die
Handlung ist eigentlich Nebensache, aber für Interessierte geht es um
folgendes: Di Stefano spielt originellerweise einen berühmten Tenor, der
zufällig, als aus einem Geschäft eine seiner Aufnahmen auf die Straße
übertragen wird, vorbeikommt und bemerkt, das Lied könne man auch besser
singen. Ein blondes Mädchen findet das überhaupt nicht. Der Tenor ist
hingerissen und will das Mädchen kennenlernen. Sie ist die Tochter eines
Pfandleihers. Um sie wiederzusehen, kommt der Tenor regelmäßig in die
Pfandleihe, um alles mögliche zu versetzen. Dabei wird er von einem etwas
übereifrigen Detektiv für einen Dieb gehalten, der gerade Schlagzeilen
macht.
Nachdem
das Mädchen sich damit abfinden kann, daß der Kerl, den sie liebt, ein
Dieb sein könnte, enthüllt der Tenor seine wahre Identität. Verkompliziert
wird das ganze noch dadurch, daß er verheiratet zu sein scheint. Als Dieb
konnte sie ihn akzeptieren, aber nicht als Ehebrecher (interessante Moralauffassung,
oder?). Natürlich gibt es ein (allerdings sehr plötzlich kommendes) Happy-end,
wie könnte es auch anders sein, bei einem derartigen Plot?
Der
Film ist in italienischer Sprache mit englischen Untertiteln erhältlich
- zumindest wird dies behauptet. Die Untertitel sind jedoch nur sehr rudimentär
vorhanden und außerdem fast wörtlich aus dem Italienischen ins Englische
übersetzt, was zum dauerhaften Fehlen des Personalpronomens führt und
zu merkwürdigen Gebräuchen der Höflichkeitsform "Sie"/"Lei", die häufig
zu "Him?" wird, wenn jemand überrascht ausruft "Was, Sie?". Vielleicht
handelt es sich hierbei aber auch nur um eine surrealistische Meisterleistung,
die ich versehentlich für unfreiwillig komisch gehalten habe.
Es
gibt ungefähr sechs Nebenerzählstränge, die den ganzen Film auf ziemlich
lange 92 Minuten ausdehnen. In den besten Szenen gewinnt der Film einen
gewissen absurden Humor, wenn der Detektiv den schwarzen Diener des Tenor
auffordert, endlich zu singen, also zu gestehen, und der mit verständnislosem
Achselzucken mehr schaurig als schön "Ol' man river" anstimmt. Man kann
also besten Gewissens behaupten, daß es sich nicht um ein Meisterwerk
des italienischen Kinos handelt (es sei denn, man würde Neorealismus seit
neuesten auch mit Armut beim Drehbuch gleichsetzen).
Di
Stefano selbst wirkt sympathisch, aber nicht gerade wie Laurence Olivier;
er scheint sich mehr als einmal zu fragen, wie er in diesen Film geraten
konnte. Veredelt wird der Streifen durch di Stefanos atemberaubendem Gesang,
den er mit mehreren neapolitanischen Songs und dem "Lucia"-Finale zelebriert.
Leider
ist er auch gezwungen, einen - anscheinend extra für den Film geschriebenen
- Song namens "Ladro d'amore" zu singen, der an Kitschigkeit kaum noch
zu überbieten ist. Hier kommt auch der eingangs erwähnte namenlose Darsteller
ins Spiel. Es handelt sich um den hochbegabten Terrier, der di Stefanos
Hund spielt. Man sollte bei dem Song unbedingt den Hund im Auge behalten.
Wie dieser durch einen Gesichtsausdruck, als würde ihm gleich ob des Liedes
ziemlich unwohl werden, die Szene belebt, ist wirklich meisterhaft. MK
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