Erinnerung
an einen Sänger, dem die Nachwelt Kränze flicht
"Das
Timbre der Stimme von Gottlob Frick einmal gehört, verliert man nicht
aus dem Ohr." Mit dieser Aussage in seinem Standardwerk "Die großen Sänger"
trifft der deutsche Doyen der Gesangsexperten, Jürgen Kesting, den Nagel
auf den Kopf. Gottlob Frick, dessen Todestag sich am 18. August 2014 zum
20. Mal jährt, gilt als Inkarnation des schwarzen Basses. Er ist der deutsche
Universalbassist, der durch die Vielzahl seiner hinterlassenen Tondokumente
und die Unverwechselbarkeit seiner volltönenden, mit außergewöhnlicher
Schönheit und fließendem Melos des Gesanges strömenden Stimme bis heute
eine Popularität genießt, wie sie wahrscheinlich von keinem anderen deutschen
Bassisten erreicht wird. Der international renommierte Kritiker John B.
Steane begründete die Aufnahme von Gottlob Frick in seine Liste der 100
bedeutendsten Sänger in "The Great Tradition" unter anderem mit folgender
Charakterisierung: "Was den Wagnerischen basso profondo betrifft, so konnte
die neuere Zeit - gemeint sind die vierziger bis achtziger Jahre des vorigen
Jahrhunderts - nur auf einen Namen setzen - Gottlob Frick ein Turm der
Stärke im stärksten Ensemble und einer der größten Bassisten überhaupt.
Seine Stimme ist trotz des machtvollen Volumens stetig, geschmeidig und
schön. Fricks zweieinhalb Oktaven-Baß ist bewundernswert durchgebildet
und bleibt in seinem ganzen Umfang voll präzise. Sein Gefühl für Rhythmus
ist stark, und er kann sowohl Legato als auch Staccato vorbildlich singen,
ohne seine Zuhörer um den satten Stimmklang zu betrügen."
Gottlob
Frick wurde 1906 in Ölbronn als 13. und jüngstes Kind einer Försterfamilie
geboren. Sein Gesangstalent entdeckten Kenner beim Singen nach einer Treibjagd.
Bereits beim Vorsingen wurde er an die Staatsoper Stuttgart engagiert.
1934 erhielt er den ersten Solistenvertrag in Coburg. Es folgten Engagements
in Freiburg und Königsberg. Dort hörte ihn Karl Böhm und verpflichtete
ihn an die Dresdner Staatsoper. Über zehn Jahre gehörte Frick dem ruhmreichen
Ensemble der Semperoper an. 1950 wechselte er an die Deutsche Oper Berlin.
Von dort aus begann die glanzvolle nationale und internationale Karriere
des Bassisten, die ihn an alle bedeutenden Opernhäuser und Festspielplätze
der Welt führte. Allein an der Wiener Staatsoper sang er rund 500 Vorstellungen.
In seiner 58 Jahre langen Sängerlaufbahn hat er nahezu all die Könige,
die Priester, die Geister, die Finsterlinge des Baßfaches eindrucksvoll
verkörpert. Durch den ihm angeborenen Mutterwitz war er auch ein Meister
des Heiter-Komischen. Er sang und spielte die heiteren Bühnengestalten
der Spieloper so kontrastreich und intensiv, dass all die Trunkenbolde,
Plumpsäcke und Schwerenöter vor dem geistigen Auge des Hörers geradezu
suggestiv sichtbar werden. Auch als Oratorien- und Konzertsänger hatte
Frick große Erfolge.
1971
nach einer umjubelten Aufführung von Wagners "Götterdämmerung" mit Frick
als Hagen in München erklärte der Sänger völlig unerwartet, daß dies sein
letzter Wagnerabend gewesen sei. Zum Glück gelang es, ihn noch für gelegentliche
Gastspiele hauptsächlich in Wien, München und Stuttgart zu gewinnen. Fricks
allerletztes, öffentliches Auftreten fand am 26. Januar 1985 in Heilbronn
statt.
Frick
war während seiner Karriere auf den Bühnen der großen Opernhäuser zuhause,
seine Heimat war für den bodenständigen, bescheiden gebliebenen Gemütsmenschen
jedoch zeitlebens sein geliebter Geburtsort Ölbronn.
Dorthin
- in sein am Waldrand gelegenes Haus - zog er sich zurück, um zu jagen,
zu entspannen und den großen Freundes- und Verehrerkreis in dieser geruhsamen
Idylle zu empfangen. Besonders häufig besuchte der Tenor Fritz Wunderlich
seinen väterlichen Freund. Aus dieser Heimat- und Naturverbundenheit erklärt
sich wahrscheinlich auch seine besondere Liebe zum Volkslied. Die warmherzige
Persönlichkeit des Sängers wird in seinen Volksliedinterpretationen am
ursprünglichsten erlebbar. Frick gestaltet die romantischen Weisen mit
ungekünstelter Natürlichkeit und einer Echtheit des Empfindens, die anrührt
und ergreift.
Am
18. August 1994 ist der König der deutschen Bässe in Begleitung einer
riesigen Trauergemeinde auf dem Dorffriedhof seiner Heimatgemeinde zur
letzten Ruhe gebettet worden.
Kaum
ein anderer Bassist erhielt zu Lebzeiten und postum so zahlreiche Ehrungen
wie Gottlob Frick. Dem dreifachen Kammersänger wurden Orden bis hin zum
Großen Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland
verliehen. Ölbronn ehrte seinen großen Sohn und Ehrenbürger mit einem
Gottlob-Frick-Weg. In Mühlacker wurde der Konzertsaal im "Mühlehof" nach
dem Sänger benannt. Die Stadt Heilbronn widmete seinem Gedenken einen
Platz im Herzen der Stadt. 1995 wurde die Gottlob-Frick-Gesellschaft gegründet.
Die wichtigsten Ziele der Gesellschaft sind: Das Andenken an Gottlob Frick
und andere Sängerlegenden zu erhalten, junge, hochbegabte Sänger zu fördern,
und die Begegnung der Generationen zu ermöglichen. 1997 konnte im Rathaus
in Ölbronn eine Gedächtnisstätte eingeweiht werden. Hier wurde eine imposante
Retrospektive in Bild und Ton, sowie eine Sammlung von Erinnerungsstücken
zusammengestellt. Höhepunkt des Wirkens der Gesellschaft ist ein jährliches
Künstlertreffen mit Festakt, Festkonzert, Verleihung der Gottlob-Frick-
Medaillen und Empfang. An kaum einem anderen Ort versammelt sich eine
so große Zahl von Gästen aus dem künstlerischen Bereich, darunter weltberühmte
Sängerinnen und Sänger, wie im Operndörfle Ölbronn. Eine weltweite Einmaligkeit
ist das originelle Gästebuch, in dem die Händeabdrücke berühmter Künstlerpersönlichkeiten
verewigt sind. Die Ausstellung ist ein "Who is Who" der jüngeren Operngeschichte
und reicht von Theo Adam bis Georg Zeppenfeld.
In
München findet am 14. September 2014 und in Wien am 12.November 2014 eine
Veranstaltung zum Gedenken an den 20. Todestag von Gottlob Frick statt.
Wodurch erklärt sich die weiter wirkende Popularität von Gottlob Frick?
Selbst der Musikfreund, der ihn nicht mehr persönlich erlebte, spürt in
den Tondokumenten, hier singt ein in sich ruhender Mensch mit der ganzen
Ausdrucksskala des begnadeten, gereiften Künstlers. Das Herz, die Seele,
inneres Erfülltsein sind es, die in dieser Stimme mitschwingen. Fricks
Botschaft, die sich durch seine Sangeskunst mitteilt, wird verstanden
über Generationen hinweg - auch noch 20 Jahre nach seinem Tod.
H. Hey
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