Wie
sollte er musikalisch eigentlich sein, der ideale Lohengrin? Kraftvoll
im Gesang, aber nicht gebrüllt? Lyrisch, aber hörbar? Nun, letztendlich
definiert dies jeder von uns für sich anders, aber als ich im vergangenen
September die Premiere des Lübecker "Lohengrins" saß, dachte ich mir:
ja, eigentlich genau so.
Der
amerikanische Tenor Scott MacALLISTER, Sänger der Titelpartie in dieser
Produktion, gehört zu den Vertretern dieses Fach, die sich nicht allein
auf die vorhandene Kraft der eigenen Stimme verlassen. Er besitzt die
bemerkenswerte Gabe, die leisen Zwischentöne ebenso virtuos anklingen
zu lassen wie die kraftvoll zu singenden Höhen.
Sein
Lohengrin gefiel mir, der Albrecht von Brandenburg in "Mathis der Maler"
an der Hamburgischen Staatsoper hat mich ob seiner stimmlichen und darstellerischen
Komplexität nachhaltig beeindruckt.
In
der Probenphase der neuen "Tannhäuser"-Produktion in Kiel, ergab sich
nun die Chance, dem Sänger einige Fragen zu seinem Werdegang und zukünftigen
Plänen zu stellen.
Den
(Berufs-) Weg hin zum Sänger machte der Tenor auf Umwegen. Recht
früh, bereits zu Beginn seiner Schulzeit, begann er, das Posaunespielen
zu lernen. "Das war meine erste musikalische Erfahrung." Er habe dieses
Instrument jahrelang gespielt und auch ein entsprechendes Studium begonnen.
In den Chor seiner Universität trat er nur ein, weil neben seinem Posaunestudium
nichts anderes angeboten wurde, das ihm als ein sinnvolles Ausnutzen
seiner freien Zeit erschien.
Seine
Chorlehrerin gab ihm den Hinweis, doch ein Gesangsstudium zu beginnen.
Ein Rat, dessen Sinn sich Scott MacAllister nicht sofort erschloß. "Ich
habe immer gedacht: was bringt mir das? Dann bekam ich jedoch Stipendien
für beides, für Posaune und Gesang." Nach einem Jahr an der University
of Idaho hätten sein Gesangsprofessor und sein Professor für Posaune
derartige Kämpfe miteinander ausgefochten, daß er sich für eines dieser
Fächer entscheiden mußte. "Mein Gesangslehrer hat gewonnen, und deshalb
bin ich heute Sänger."
Ebenso
zufällig kam es dazu, daß der Tenor sein erstes Engagement in Europa
bekam. Michel Plasson sei zum Dirigieren des Denver Symphony Orchestra
nach Colorado gekommen. Ein Kollege, der dort auch dirigierte, habe
ein Vorsingen arrangiert. "Herr Plasson war so begeistert und hat gesagt:
‚Sie sollten nach Europa, zu mir nach Toulouse kommen. Da gibt es einen
Wettbewerb, und ich bin mir sicher, dort werden Sie etwas gewinnen'."
Scott
MacAllister gewann den 2. Preis beim "Concurs International de Chant".
Der Intendant der Royal Opéra de Wallonie war eines der Jurymitglieder
und gab ihm ein festes Engagement in Liège.
Die
erste Hürde war genommen. Die zweite allerdings, die sprachliche, sollte
sich als langwieriger erweisen. "Ich habe gedacht, ich würde ein Jahr
die französische Sprache lernen, aber ich war wirklich erstaunt, wie
lange es dauert, eine Sprache zu lernen." Schlußendlich bleib er vier
Jahre lang im französischsprachigen Raum und ist sehr stolz drauf, daß
er die Sprache inzwischen akzentfrei beherrscht.
"Danach
kam ich nach Deutschland." Er begann in Würzburg, wo er vier Jahre blieb.
Anschließend ging er nach Mannheim. "Ich habe weiter Deutsch gelernt
und studiert, aber immer mit der Ahnung, Mozart oder Rossini, dieses
leichtere Fach zu singen."
Er
habe viele Jahre entsprechende Partien gesungen, bevor er mit dem mittelschweren
Fach begann. Es
kamen Auftritte in "Un ballo in maschera", "Tosca", "Butterfly" etc.,
bis er seinen ersten Parsifal sang und fortan auf dieses Fach festgelegt
war.
Teil
2